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Mehr als 50 Jahre Analysen & Alternativen

Einige Kontinuitäten aus 50 Jahren Verlagsarbeit gibt es in dieser Präsentation.

Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag!

Am 31.10. hat der VSA: Autor David Harvey seinen 90. Geburtstag gefeiert.  Das gesamte Team des Verlages gratuliert aus der Ferne ganz herzlich und wünscht weiterhin Schaffenskraft!
David Harvey, geboren in der britischen Stadt Gillingham in der Grafschaft Kent, ist außerordentlicher Professor für Anthropologie und Geographie am Graduate Center der City University of New York (CUNY), Forschungsdirektor am Center for Place, Culture and Politics. 1973 erschien sein Werk »Social Justice and the City«, das ihn zu einem führenden Verfechter marxistischer Ideen in der Geografie und zugleich zu einem ihrer entschiedensten Kritiker machte. Seine akademische Karriere führte ihn von Cambridge über Bristol nach Baltimore (USA). Die von Stahlindustrie und Metallverarbeitung geprägte Ostküstenstadt diente ihm als Beispiel zur Illustrierung seiner Thesen zur Entwicklung urbaner Räume. Bei seinen geografischen Analysen stützt Harvey sich nicht nur zentral auf die Marxsche Theorie, sondern er unterrichtet seit mehr als 50 Jahren zum »Kapital« von Karl Marx und hat mehrere Publikationen zur Einführung und als begleitende Lektüre zu allen drei Bänden veröffentlicht. Im VSA: Verlag erschienen von ihm u.a. Marx’ »Kapital« lesen. Ein Begleiter für Fortgeschrittene und Einsteiger (2011), Marx’ 2. Band des »Kapital« lesen. Ein Begleiter zum Verständnis der Kreisläufe des Kapitals (2018) und zuletzt als eines der »hellroten Bändchen aus 50 Jahren Verlagsgeschichte« Die urbanen Wurzeln der Finanzkrise (2022). Die Übersetzung seines zuletzt publizierten Textes Marx’ »Grundrisse« lesen ist in Arbeit und wird demnächst erscheinen. 

DIE LINKE als sozialistische Klassenpartei

»Damit die Partei DIE LINKE ausgehend von dem Neustart, der mit der Bundestagswahl 2025 verbunden war, auch weiter neue antreibende Kraft entfaltet, muss sie sich als lernende Partei ihrer Mitglieder und Führung in der Gesellschaft entwickeln. Wie Rosa Luxemburg in Zeiten der Finsternis, am Beginn des Ersten Weltkriegs, schrieb: ›[W]ir werden siegen, wenn wir zu lernen nicht verlernt haben‹. [...] Im Kern des Lernens einer linken, den arbeitenden Klassen verpflichteten Partei stehen die Erfahrungen vor Ort und im Betrieb, in den Gemeinden und Städten, in den Parlamenten und Institutionen. Aus ihrer Reflexion müssen die Entwicklung und ständige Überprüfung der Strategie wie Taktik der Partei, ihrer Organisations- und Arbeitsweise erwachsen.« So begründet Michael Brie im Sozialismus.de Supplement zu Heft 11/2025 sein »Plädoyer in der strategischen Diskussion«. Das 68 Seiten umfassende Heft kann auch unabhängig vom Abonnement der Zeitschrift für 7.00 Euro im VSA: Warenkorb erworben werden.

Der Oktober ist auch in diesem Jahr

einer der Monate für Bücher. In der letzten Woche wurde der Nobelpreis für Literatur vergeben und in dieser beginnt die Buchmesse in Frankfurt am Main. Auf dieser sind wir allerdings erneut nicht mit einem Stand vertreten (im Unterschied zu Leipzig im nächsten Frühjahr). Vertreten waren wir gleichwohl in der Buchstadt: Am Donnerstag, den 16.10. hatte VSA-Autor Claus-Jürgen Göpfert im Club Voltaire ab 19:30 Uhr VSA-Autor Ingar Solty zu Gast und wird mit ihm über seine Flugschrift Trumps Triumph? sprechen. Seine eigene Geschichte Zeitung im Kampf der spannenden Tageszeitung FR der Buchstadt stellt Göpfert am 23. Oktober vor – allerdings in der Hauptstadt Berlin ab 18:00 Uhr im Gespräch mit Karlen Vesper vom nd im Salon, Franz-Mehring-Platz 1.

Anfang November dann sind gleich vier Verlags-Autor*innen in Nürnberg auf einer anderen Messe dabei: Werner Rätz diskutiert am Samstag, den 1.11. im Rahmen der Linken Literaturmesse 2025 über Rente statt Rendite, Ulrike Eifler über Gewerkschaften in der Zeitenwende. Am Sonntag, den 2.11. stellt dann Klaus Lang seine Flugschrift Die rechte Mitte vor und Joachim Rock informiert darüber, was in seiner Flugschrift Armut? Abschaffen! zu erwarten ist. Also kann auch Anfang November als Buchmonat durchgehen.

Was wir von Corona lernen sollten

Es ist einiges schief gelaufen in der Pandemie. Auch deshalb ­beschloss der Bundestag die Einsetzung einer Enquete-Kommission, die unter anderem Lehren für die Zukunft ziehen soll. Aber was genau ist schiefgelaufen? Neben dem die Öffentlichkeit vor allem beschäftigenden »Maskenproblem« – der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) orderte ­Masken, die deutlich zu teuer waren, zudem steht der Verdacht der Begünstigung einzelner Lieferanten im Raum – finden viele Menschen, dass sie während der Pandemie unzureichend informiert wurden. Die Bevölkerung sah, wie Akteure gegeneinander entschieden: der eine so und der andere so. Politiker in Bund und Ländern argumentierten widersprüchlich,Wissenschaftler und Experten stritten über Ursachen und Maßnahmen. Die schlecht informierte Bevölkerung blieb auf der Strecke und machte sich teilweise eigene verschwörerische Gedanken. Die Pandemie ist zwar vorbei, nicht aber die Diskussion über sie, begleitende Aufklärung ist erforderlich. Gine Elsner stellt in ihrem Buch die Probleme der Corona-Pandemie, des Expertenwissens, der Entscheidungsstrukturen, der Parteienpolitik, des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik und der staatlichen Maßnahmen dar und diskutiert die Folgen. Ausgewertet hat sie Buch­veröffentlichungen von »Experten«, vor allem aber gedruckte Medien wie die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (FAZ), die Wochenzeitschrift »Der Spiegel« und das »Deutschen Ärzteblatt«. 

Epochenbruch und/oder sozialistische Utopien?



Bereits Eric Hobsbawm ging davon aus, dass die »Kräfte, die die technisch-wissenschaftliche Wirtschaft freigesetzt hat, [...] inzwischen stark genug [sind], um die Umwelt, also die materielle Grundlage allen menschlichen Lebens zerstören zu können.« Dass diese Gefahr der Zerstörung der Grundlagen der kapitalistischen Welt sowohl in einer Explosion als auch einer Implosion bestehen kann, ist inzwischen überall sichtbar, wofür die diversen neuen Kriege samt Rüstungswahn nur die krassesten Ausdrücke sind. Die Linke hat sich mit der deformierten Transformation und den Strukturen des aktuellen Kapitalismus bislang nur unzureichend auseinandergesetzt. Sie hat weder ein empirisch verankertes Deutungsangebot noch werden die gravierenden Veränderungen der Polykrisen theoretisch verarbeitet. Allzu oft wird der berechtigte Wunsch, »Hoffnung zu organisieren« in neue »Utopien des Sozialismus« verlagert, die oft mit den Erfordernissen, die realen Verhältnisse umzuwälzen, nicht kompatibel sind. Schon Friedrich Engels hatte, mit tatkräftiger Unterstützung von Karl Marx, im »Anti-Dühring« dafür plädiert, die Mittel zur Beseitigung der gesellschaftlichen Missstände nicht mehr aus dem Kopf zu erfinden, sondern sie vermittelst des Kopfes in den materiellen Strukturen der Produktion zu suchen. Joachim Bischoff stellt in seinem Buch die neuerlichen Debatten über eine »Utopie des ­Sozialismus« in einen historischen Kontext und untersucht, wie es zum aktuellen Epochenumbruch und zu einer veränderten Weltordnung kommen konnte.

Noch einmal WORK ON PROGRESS

Wissenschaft darf linksseitig engagiert und normativ sein, ohne sich den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit gefallen lassen zu müssen. Sie muss sich vor allem dagegen verwahren, von Herrschaftsinteressen instrumentalisiert zu werden. Denn Bildung ist zum einen das (geistige) Bilden von sich selbst, zum anderen das (gegenständliche) Bilden des gesellschaftlichen Ganzen. Es geht bei kritischer Wissenschaft nicht nur darum, die Welt zu begreifen, sondern sie durch das Begreifen auch zu verändern. Diese Prozesse sind niemals abgeschlossen, daher sind das Begreifen und Bilden im wahrsten Sinne des Wortes ein WORK IN PROGRESS und WORK ON PROGRESS. Dies haben die jährlich erschienenen bislang 14 Bände des Doktorand*innen-Jahrbuchs aus dem Studienwerk der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit diesem Namen deutlich gemacht, das leider nicht weitergeführt werden kann. Marcus Hawel, Stefan Kalmring und Nina Schlosser haben einen letzten Band unter dem Titel Wozu noch kritische Wissenschaft zusammengestellt (es wurde bewusst auf das Fragezeichen verzichtet), in dem diesmal andere Autor*innen zu Wort kommen und dabei auch in die Zukunft blicken. Angesichts der gesellschaftlichen Krise der Linken in unserer Zeit rekurrieren die Herausgeber*innen und die Autor*innen auf die fragezeichenlose Frage, weil sie sich mit nüchternem Blick davon begeistern lassen wollen, was kritische Wissenschaft bedeutet und wozu sie notwendig ist, um damit beizutragen, die Nöte (in) der Welt zu wenden.

Zornige Blicke

Der Anregung »Den Krieg verlernen«, die Alexander Rahr, Daniela Dahn, Dieter Klein, Hans-Eckardt Wenzel, Ingo Schulze, Marco Bülow, Michael Brie und Peter Brandt in Erinnerung an Antje Vollmer im Frühjahr 2024 zur Diskussion gestellt hatten, wurde nicht gefolgt. Stattdessen dominieren weiterhin gespenstische Akteure die politische Landschaft und befördern Resignation. Neue Kriege, ein entfesselter neoliberaler Finanzmarkt-Kapitalismus und eine Politik des Wachstums, die vor allem den ohnehin Privilegierten nützt, beherrschen die Agenda. Die neue Rechte hat mit Trump in den USA die Regierung übernommen und ist in Europa auf dem Vormarsch. Deshalb werfen die Autorinnen und Autoren (und neu Petra Erler) – Mitglieder der Gruppe mit dem programmatischen Namen »Neubeginn« – in der neuen Flugschrift zornige Blicke zum Thema Lasst alle Hoffnung fahren und suchen in der ­Tradition von Antje Vollmer nach Ursachen für das heutige Dilemma, setzen auf kollektiven Widerstand durch Aufklärung, negieren nicht den Wert von Verzweiflung für den Mut zur Revolte und ­verweisen dennoch auf die Chance einer neuen, ­emanzipatorischen ­Erzählung. Am 25. November werden die Autorinnen und Autoren ihre Flugschrift in der Alten Pfarrkirche »Zu den Vier Evangelisten« in Berlin-Pankow, Breite Str. 37, vorstellen.

Frisch besprochen

Unter der Überschrift »Mit Gramsci auf Sardinien« hat Franziska Spanner in der schweizerischen »Wochenzeitung« (WOZ) vom 18. September das sardinische Tagebuch von Christoph Nix besprochen: »Der ehemalige Konstanzer Theaterintendant [...] führt in seinem Buch [...] auf Streifzüge durch Sardinien. Seit 44 Jahren bereist Nix die italienische Mittelmeerinsel, geschickt verwebt er nun in achtzehn kompakten Kapiteln vielfältige Hintergrundinformationen über Sardinien mit Episoden aus seiner eigenen Biografie und der Lebensgeschichte des marxistischen Philosophen Antono Gramsci, der auf Sardinen geboren und aufgewachsen ist. [...] Dass sich Nix im Denken des italienischen Kommunisten wiederfindet, wird in seiem Buch sehr deutlich.«

Thomas Barth hatte sich bereits im Juli auf socialnet.de in einer ausführlichen Besprechung des Buches von Christoph Nix angenommen. Sein Fazit: »Ein stimmungsvolles Buch und ein Versuch, ganz im Sinne Gramscis, der kulturellen Hegemonie touristisch-kapitalistischen Weltkonsums eine andere Art des Reisens und der Weltwahrnehmung entgegen zu setzen. Statt hektischer Vergnügungssucht wird uns genießerische, vielleicht zuweilen im guten Sinne nostalgische Kontemplation einer Landschaft und einer Seelenlandschaft nahegebracht, zugegeben, etwas eskapistisch, aber nicht eskapistisch genug, um Teil einer verdummenden Massenkultur zu sein. Es ist ein Angebot, Kraft zu tanken für den Kampf gegen akut von hegemonischen Kultur-Mogulen propagierte Varianten von Kapitalismus, Militarismus und (Endzeit-)Faschismus.«

In der Oktober-Ausgabe des Rundbriefs von KAIROS Europa Deutschland e.V. für Mitglieder & Freund:innen bespricht Peter Schönhöffer das im Frühjahr 2025 erschienenene Buch von Ulrich Duchrow Gerechtigkeit. Frieden, (Überleben): »Der für viele ökumenische wie interreligiöse Bewegungen und Organisationen wichtige evangelische Theologe [...] hat ein kompaktes Alterswerk vorgelegt. Der streng komponierte geistige Erkenntnisgang zeichnet motivierend einen kompetenten und konsequenten Lebensweg nach und gewährt einzigartige Einblicke in die weltweit vernetzte Ökumene. Ulrich Duchrow macht auch auf kirchliche Lücken in der Verarbeitung und Zufälligkeiten aufmerksam, wer wo an welcher Stelle von den weltkirchlichen Dynamiken etwas mitbekommt, sich zu eigen macht und die ›deutsche Provinzialität kirchlicher Wahrnehmung‹ (Ernst Lange) damit auf Kurs bringt. Allein dies wäre schon ein echter Verdienst. Denn Geschichte, innere Triebfedern, bewegungspolitisches Auf und Ab und immer wieder die Massen ergreifenden Wirkweisen der aus globalen Arbeitszusammenhängen gespeisten ›Gerechtigkeitsökumene‹ liegen meines Wissens bislang kaum in einem größeren zeitgeschichtlichen Zusammenhang oder gar in einer theologisch-gesellschaftspolitisch angelegten Tiefenanalyse wie hier vor.«

Im Rundbrief 2/2025 »micha.links«, unter anderem herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft LINKE Christ*innen, hat sich Franz Segbers ebenfalls des Buches angenommen: »Mit diesem Buch zu seinem 90. Geburtstag hat der Heidelberger Ökumeniker und Sozialethiker [...] allen, die für eine bessere gerechtere Welt kämpfen, ein Geschenk gemacht. Seine Theologenleben ist zutiefst verwoben mit den dringenden Überlebensfragen der Menschheit. So stellt er die hartnäckige Frage: Wie werden zukünftige Generationen noch leben können und was können wir dafür tun? [...] Duchrows Geburtstagsgeschenk an uns vermittelt einen Überblick über die Ökumene des letzten halben Jahrhunderts. Wovor sie gewarnt hat, ist eingetreten. Mit Luther sollten wir im Angesicht der Apokalypse einen Apfelbaum pflanzen. Es gibt Hoffnung und sie liegt in sozialen Bewegungen wie Fridays for Future und ihrer Vernetzung mit anderen progressiven Gruppen, um die Fragen der Gerechtigkeit, der Ökologie und von Krieg, Rüstung und Frieden gemeinsam anzugehen. Danke für diese Ermutigung mit diesem Buch. Es ist ein Auftrag, es in unseren Kämpfen weiterzuschreiben.«

Und auch in »AMOS«, einer der wenigen nach Selbstbeschreibung »noch präsenten Streitschriften aus dem herrschafts-kritischen, linken Zusammenhang der letzten Jahrzehnte und der Gegenwart«, die »aus guten Gründen seit 1968 im Ruhrgebiet« erscheint, wurde das Buch besprochen: Hertmut Dreier findet »Dieses Buch ist wirklich ein ›Muss‹ [...] Je sorgfältiger dieses ›Muss‹-Buch gelesen wird, desto besser.«

Einen »Herbst der Reformen«

hat die schwarz-rote Regierungskoalition angedroht, nachdem die parlamentarische Sommerpause (eine politische gab es eh nicht) beendet ist und die warme Jahreszeit in der Tat in einen vermutlich nicht weniger turbulenten Herbst übergeht. Den absehbaren Sozialkürzungen setzen wir ein Herbstprogramm entgegen, dessen Ankündigung nun vorerst abgeschlossen ist (aus aktuellen Anlässen können immer weitere Titel hinzukommen, worüber wir dann an dieser Stelle informieren). Die Leser*innen können sich neben den bereits im August präsentierten Neuerscheinungen auf vier weitere Texte freuen: Klaus Weber untersucht die FAZ als »Kampfblatt des autoritären Liberalismus«, Ingar Soltys Flugschrift wird die »Innere Zeitenwende« und die zunehmende Militarisierung des Alltags thematisieren, Rolf Rosenbrock hat seine Erfahrungen zu »Selbstgestaltung und Soziale Arbeit« in der Wohlfahrtspflege beim Paritätischen zusammengetragen und Manfred Weißbecker u.a. diskutieren über die Bedeutung der DDR-Faschismusforschung für heute. Buchhändler*innen, Journalist*innen und alle, die das auch gedruckt vor sich haben wollen, können hier eine pdf-Datei der Herbst-Vorschau herunterladen.

Der Niedergang der SPD

Wir verweisen auf das aktuelle Supplement, das der zu unserem Publikationsprojekt gehörenden Zeitschrift Sozialismus.de in der September-Ausgabe beigefügt wurde. Darin behandelt der Parteienforscher Richard Stöss die neuere Entwicklung der SPD anlässlich der Bundestagswahl 2025: »Auf dem Berliner Parteitag wurde von führenden Sozialdemokraten unaufhörlich versprochen, die Ursachen für die desaströse Wahlniederlage ›aufzuarbeiten‹, alles zu tun oder wenigstens doch in die Wege zu leiten, dass die Partei ›nach vorn‹ kommt, dass sie wieder zu einer ›Kümmerer-Partei‹, zu einer ›echten Volkspartei‹ wird. Konkrete Maßnahmen für den neuen Kurs wurden allerdings nicht benannt. Man beließ es bei der Hoffnung auf positive Wirkungen einer guten Regierungsarbeit.« Der Autor, selbst Mitglied der SPD, spricht sich für eine andere Option aus: »Auch wenn SPD, Grüne und Linke derzeit im Bundestag zusammen nur über 37 Prozent der Zweitstimmen und über 43 Prozent der Mandate verfügen, erscheint es mir nicht gänzlich aussichtslos zu sein, perspektivisch auf eine linke Mehrheit hinzuarbeiten.« Das Supplement hat einen Umfang von 64 Seiten und kann für 7.00 EUR über den Warenkorb des VSA: Verlag bestellt werden.
 

Kein Schlusswort!

Vor 25 Jahren starb in Nürnberg der Blumenhändler Enver Şimşek – erschossen vom NSU. Es war der Auftakt der Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe. Zu Recht beklagte auf der Gedenkfeier Semiya Şimşek-Demirtas, die Tochter des Ermordeten, dass trotz zahlreicher Untersuchungsausschüsse und Sonderermittler, trotz eines fünf Jahre dauernden Gerichtsprozesses viele Fragen zum NSU bis heute ungeklärt sind: »Für mich ist eine wichtige Frage: Warum ausgerechnet mein Vater? Nach welchen Kriterien wurden diese Opfer ausgesucht? Ich bin mir sicher, an den verschiedenen Tatorten gibt es ganz viele Mithelfer und Helfershelfer. Warum wird gegen sie nicht ermittelt?« Das hatten bereits die Anwälte der Nebenkläger in ihren Plädoyers beim NSU-Prozesses in München im Jahr 2018 angemahnt, die – herausgegeben von Antonnia von der Behrens – im VSA: Verlag erschienen sind. Das Buch ist vergriffen, es kann an diese Stelle heruntergeladen werden. Außerdem verweisen wir auf den im Jahr 2019 erschienenen und immernoch lieferbaren Band »Rückhaltlose Aufklärung?« über NSU, NSA, BND – Geheimdienste und Untersuchungs­ausschüsse zwischen Staatsversagen und Staatswohl.

Friedensbewegung und Gewerkschaften

In der Einleitung des von ihr herausgegebenen Bandes Gewerkschaften in der Zeitenwende notiert Ulrike Eifler, dass damit »in einer Zeit wachsender Kriegsgefahren ein Beitrag zur gewerkschaftlichen Strategiebildung« geleistet werden soll, in dem die Autor*innen die Betroffenheit und die Auswirkungen »der aktuellen Kriegsvorbereitungs­politik auf die Welt der Arbeit [zum Thema machen]. Nicht nur der Rückblick in die Geschichte, auch ein wacher Blick auf die Gegenwart zeigt: Kriegsvorbereitungen und vor allem der Krieg selbst gehen stets mit enormen Angriffen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der arbeitenden Klassen einher. Dazu gehören der Abbau von existenziellen Sicherheiten, der Angriff auf soziale Sicherheiten, insbesondere für diejenigen, die am meisten darauf angewiesen sind, und ein massiver Eingriff in Arbeits- und Gewerkschaftsrechte. [...] Der Krieg wird als Ausweg aus der wirtschaftlichen Krisenspirale und dem Kampf um die Weltmacht ernsthaft in Erwägung gezogen und aktiv vorbereitet. Der Aufbau einer gewerkschaftlich verankerten Friedensbewegung als einzigem Bollwerk gegen die organisierte Fahrlässigkeit des herrschenden Blocks bleibt also ohne Alternative.«

Sustainable Finance zwischen Anspruch und Wirklichkeit

In Zeiten vermeintlich knapper öffentlicher Kassen soll die ökologische Wende durch Sustainable Finance finanziert werden: Privates Finanzkapital, das durch »intelligente Rahmensetzung« für ökologische Projekte mobilisiert wird. Entsprechende Initiativen sollen durch Transparenz grüne Wirtschaftszweige attraktiver machen, damit Anleger*innen freiwillig nachhaltig investieren. Ein neues Risikomanagement soll zudem Verluste durch Klimarisiken vermeiden. Die Ergebnisse bleiben allerdings weit hinter den Erwartungen zurück. Es fließen weiter mehr Gelder in fossile als in nachhaltige Anlagen. Sustainable Finance soll also privates Kapital in Billio­nenhöhe in Nachhaltiges lenken, doch ­dieser marktbasierte Ansatz zeigt kaum Wirkung. Silke Ötsch, Paula Haufe, Daniel Mertens, Simon Schairer, Janina Urban und Maike Wilhelm analysieren im aktuellen AttacBasisText den Status quo und zeigen andere Möglichkeiten auf zur ökosozialen ­Umstrukturierung hin zu einem nachhaltigen Finanzsystem.

Arbeitssoziologische Untersuchungen an einem Großkrankenhaus

Am Beispiel einer Großklinik untersucht Thomas Stieber in seinem Buch Muster migrantischer Arbeit Rekrutierungswege, Arbeitsbedingungen, Aufstiegsmöglichkeiten, Stellungen in der sozialen Hierarchie etc. verschiedener Gruppen von migrantischen Arbeitskräften. In dieser explorativen Fallstudie wird die betriebliche Realität hinter den Themenkomplexen Arbeit und Migration, Integration in und durch Arbeit, Teilhabe und Ausgrenzung ausgeleuchtet. Analysiert werden verschiedene Gruppen von Migrant*innen: Geflüchtete von 2015ff. sowie Pflegefachkräfte von den Philippinen, die im Rahmen eines Rekrutierungsprojekts angeworben wurden. Der Autor geht zentral zwei Fragen nach: Wie kommen die migrantischen Arbeitskräfte in den Betrieb – d.h. wer, wie und wohin genau? Und wie gestaltet sich ihre Einbindung in die jeweiligen Arbeitsabläufe und Sozialgefüge? Die Erforschung, wer, wo zu welchem Zeitpunkt im Krankenhaus anzutreffen ist – und, nicht zu vergessen: wer nicht – verweist auf komplexe Zusammenhänge, die nicht nur für die wissenschaftliche Forschung zu Arbeit und Migration interessant, sondern in gesellschaftspolitischer Sicht relevant sind.

Putsch statt Revolution

Am 18. März 1921 brachen den Bolschewiki folgende Organisationen wie KPD, KAPD und andere linksradikale Kräfte in Mitteldeutschland einen Putsch in der Industrieregion um Halle, Leuna, Merseburg und im Mansfelder Land sowie in Hamburg vom Zaun. Er endete in einer Niederlage und diskreditierte die Idee der Revolution in Deutschland auf Jahrzehnte. Dies basierte auf einer »Offensivtheorie, die in keinem deutschen Schädel entstanden [ist]. Sie wurde nach Deutschland mitgebracht als ein Reisepräsent aus Kreisen – wie man offiziös sich ausdrückt –, die dem kleinen Bureau der Exekutive [der Kommunistischen Internationale] nicht allzu fernstehen. Die deutschen Zentralemitglieder [der KPD] waren nur die Trottel, sie unbesehen anzunehmen.« (Paul Levi) Jörn Schütrumpf hat in dem Band »Putsch statt Revolution« alle erreichbaren Dokumente zu dieser Aktion zusammengetragen und kommentiert.

Frisch besprochen

In der »Dschungel«-Beilage von »Jungle World« 35 vom 28. August hat Stefan Dietl den von Ann-Kathrin Hoffmann und Marvin Hopp herausgegebenen Band »Arbeitskämpfe an die Hochschulen!« ausführlich vorgestellt: »Der Sammelband behandelt die Arbeitskämpfe technischer Beschäftigter oder Verwaltungsmitarbeiter deshalb gleichberechtigt neben den wachsenden Auseinandersetzungen im akademischen Sektor. Ergänzt werden die arbeitssoziologischen Analysen durch strategische Perspektiven für einen gewerkschaftlichen Aufbruch an den Hochschulen. Deutlich wird dies vor allem in den Beiträgen zur Tarifbewegung studentischer Beschäftigter. 13 verschiedene TV-Stud-Initiativen geben hier einen detaillierten Einblick in ihre Arbeit und berichten, wie sie mit Mitteln des gewerkschaftlichen »Organizing« Erfolge erzielen konnten.« Bereits in der Juni-Ausgabe der Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit »express« hatte Daniel Behruzi unter der Überschrift »Jede Menge Organisierung. An den Hochschulen tut sich was« den Band besprochen. Sein Fazit: »Lesenswert ist das Buch nicht nur wegen der strategischen Überlegungen, die in den weiteren gewerkschaftlichen Debatten Widerhall finden sollten. Lehrreich sind darüberhinaus die insgesamt 25 Beispiele betriebs- und tarifpolitischer Auseinandersetzungen, die Einblick in die jeweils verwendeten Organizing-Werkzeuge und Mobilisierungsmethoden geben.«

Auf »Linkedin« hat Joseph Kuhn unter dem Titel »Das Gesundheitsamt Frankfurt als Spiegel der Medizingeschichte« bereits das im Juni erschienene Buch »Bevölkerungsmedizin & Öffentliche Gesundheit« von Gine Elsner und Peter Tinnemann besprochen: »Es beginnt mit einer kurzen Darstellung zur Entwicklung des staatlichen und kommunalen Interesses an der öffentlichen Gesundheit seit dem 17. Jahrhundert und zeichnet dann vertieft die Geschichte des Gesundheitsamts Frankfurt seit 1917 nach. Es wird deutlich, wie sich wissenschaftliche und politische Entwicklungen unmittelbar in der Arbeit des Gesundheitsamtes niedergeschlagen haben, als gravierendster Bruch der von der Sozial- zur Rassenhygiene. Ausführlich wird die Beteiligung des Frankfurter Gesundheitsamtes an den Medizinverbrechen der Nazis beschrieben, von den Zwangssterilisationen bis zur Kindereuthanasie. Elsner/Tinnemann stellen die Ärzt:innen des Frankfurter Gesundheitsamtes aus dieser Zeit vor, ausführlich und wohlwollend betrachtend Wilhelm Hagen, der später Präsident des Bundesgesundheitsamtes wurde und sich nach dem Krieg vergeblich für eine Wiederbelebung einer präventiven und sozialen Medizin in Deutschland eingesetzt hat. Durch den Schwerpunkt auf die Weimarer Republik und den Nationalsozialismus hat die Nachkriegszeit wenig Raum bekommen, das Buch endet zudem mit den 1980er Jahren. [...] Dessen ungeachtet ist es eine lehrreiche Lektüre mit vielen Frankfurter Details«.

Spenden

Für alle diejenigen, die das können und die Arbeit des Verlages durch eine finanzielle Zuwendung unterstützen möchten, gibt es folgendes Spendenkonto:

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