Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum ersten Mal seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1949 wird es in diesem Jahr keine Demos und Kundgebungen auf Straßen und Plätzen zum Tag der Arbeit am 1. Mai geben. Denn in Zeiten von Corona heißt Solidarität: Mit Anstand Abstand halten!

Und trotzdem stehen Gewerkschafter*innen, abhängig Beschäftigte, Arbeitslose auch am Tag der Arbeit 2020 zusammen – digital, in den sozialen Netzwerken, mit einer Live-Sendung ab 11:00 Uhr – mit Beiträgen vieler Künstler*innen und Gewerkschafter*innen – auf der Website des DGB sowie auf Facebook und Youtube. Es ist zu hoffen, dass dabei die sich bereits abzeichnenden ökonomischen und sozialen Folgen der Corvid-19-Krise auch und vor allem für Arbeitnehmer*innen angesprochen werden, die zu den bereits bekannten Herausforderungen des ökologischen und digitalen Strukturwandels hinzukommen. Bücher zu letzteren haben wir auf der Seite Kämpfe um die Zukunft der Arbeit zusammengefasst. Und wer trotz alledem eine kämpferische Mai-Rede lesen oder gar sehen will, sollte diesem Link zu Hans-Jürgen Urbans Grußwort folgen, das eine Mai-Rede werden wollte, aber nicht konnte …

Zu einem kämpferischen 1. Mai 2020 im Netz & mit Büchern
grüßt das VSA: Team aus Hamburg

Aktuelles

8. Mai 2020: 75 Jahre nach Befreiung und Neuanfang

Ebenso wie bei den Jahrestagen aus Anlass von 75 Jahren Befreiung der Häftlinge aus zahlreichen Konzentrationslagern wird es am diesjährigen 8. Mai, dem Tag des Kriegsendes und der Befreiung von der NS-Herrschaft, keine öffentlichen Gedenkveranstaltungen mit Beteiligung der nur noch wenigen Überlebenden geben können. Trotz der abgesagten Veranstaltungen, bei denen unter anderem in Anwesenheit des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther das Buch »Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden« in Erinnerung an den Lebensweg von neun Menschen, die den Todesmarsch von Hamburg nach Kiel mitmachen mussten, vorgestellt worden wäre, muss das Bewusstsein über die Verbrechen der Nazis wachgehalten werden. Auch wenn mit dem 8. Mai 1945 ein neuer demokratischer Weg eingeschlagen werden sollte – den die Autoren des Buches Neuanfang 1945. Belegschaften und Betriebsräte setzen die Produktion in Gang zu Recht als widersprüchlich charakterisieren – ist der Kampf um die Erinnerung – so der Titel eines Buches von Hajo Funke – noch keineswegs gewonnen. Dies macht auch die neue Flugschrift des Rechtsextremismus-Experten über Die Höcke-AfD deutlich.
Denn: Niemand und nichts darf vergessen werden!    

Auf dem Weg in einen Corona-Kapitalismus?

»Wie lässt sich im März und April 2020 die Einleitung für ein Buch verfassen, in dem es um ein Verständnis jüngerer gesellschaftspolitischer Entwicklungen, mögliche Zukunftsvorstellungen und emanzipatorische Handlungsmöglichkeiten geht?« Diese Frage, die in ähnlicher Weise derzeit viele Autor*innen umtreibt, stellt sich Ulrich Brand in seinem demnächst – mit einem Beitrag zur Corona-Krise – erscheinenden Buch Post-Wachstum und Gegen-Hegemonie. Und er stellt die These auf: »Der Umgang mit sozial-ökologischen Krisen wird eine entscheidende Konfliktlinie der kommenden Jahre sein. Die Corona-Pandemie ist ›nur‹ ein, wenn auch sehr dramatischer Teil dieser Krise – in kritischen Begriffen: der tiefen Krise gesellschaftlicher Naturverhältnisse.« Nach wie vor gilt: Ulrich Brands Überlegungen zielen auf (Rahmen-)Bedingungen für ein Gutes Leben für alle.

ÖPNV zum Nulltarif!

Mobilität ist nicht nur ein menschliches Grundbedürfnis, sondern ein gesellschaftliches Kampffeld, das Fragen der sozialen Gerechtigkeit, ökologische Zerstörung und Demokratie umfasst. In dem Band Nulltarif. Luxus des Öffentlichen im Verkehr: Widersprüchlicher Fortschritt einer Idee im ÖPNV werfen die Herausgeber*innen Judith Dellheim und Michael Brie einen Blick auf historische und globale Kämpfe, um den Nahverkehr als öffentlichen Raum und Gegenstand des Gemeinwohls zu begreifen. Vom Roten Bologna der 1970er Jahre nach Tallinn, der ersten europäischen Hauptstadt mit kostenfreiem Nahverkehr, zur finnischen Initiative »Planka.nu«, die aus Protest über Kontrollschranken springt: »Der ÖPNV mit Nulltarif ist nicht das ›Hauptkettenglied‹ im Kampf für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen in gesunder Biosphäre. Aber ein ÖPNV mit Nulltarif kann eine sinnvolle Orientierung sein, damit es nicht so weitergeht – damit also die gesellschaftspolitischen Kräfteverhältnisse so verändert werden, dass soziale, ökologische und globale Probleme demokratisch, solidarisch, gerecht und nachhaltig gelöst werden.«

Marx’ »Humanismus der Praxis« als Losung unserer Zeit

Die aktuell auffälligste Bedrohung für die Menschen auf unserem blauen Planeten geht vom Corona-Virus aus. Dabei gerät schnell eine andere Bedrohung in den Hintergrund: die Klimakatastrophe. Die aber – so Franz J. Hinkelammert in seinem Buch Die Dialektik und der Humanismus der Praxis – haben wir uns selbst eingebrockt – u.a. mit einem religiös anmutenden Wachstumswahn. Bereits Marx hatte das in seiner Kapitalismuskritik erkannt, die von bürgerlicher Seite seither immer wieder zu widerlegen versucht wird. Der Autor legt eine umfangreiche Analyse und kluge Entlarvung dieser Marxkritiken vor und zeigt, dass marxistisches Denken ein Gegenmittel gegen die Marktreligion bereithält, das derzeit dringender denn je ist: ein Humanismus der Praxis.

1917/18 als lehrreiches Beispiel für Gewerkschaften

Geschichte ist nie von gestern, sondern Gegenwart und Zukunft zugleich. Wie wir aus ihr lernen können, gerade aus gewerkschaftlicher Perspektive, zeigen die Autor*innen des von der IG Metall-Bezirksleitung Küste herausgegebenen Bandes Matrosenaufstand und Novemberrevolution 1918. Der 8-Stunden-Arbeitstag, das Frauenwahlrecht, Tarifautonomie oder Betriebsräte sind, das vergessen viele, Errungenschaften dieser Zeit, von der wir bis heute als Arbeitnehmer*innen zehren. Diese gesellschaftlichen Änderungen konnten nur durch die soziale Bewegung der Arbeiter*innen erkämpft werden, sie fielen nicht vom Himmel. Und das macht die Revolution vor knapp 100 Jahren auch so aktuell und lehrreich zugleich: Denn diese Erfahrungen der Demokratisierung sind bis heute wichtig für Gewerkschaften, die sich gerade im 21. Jahrhundert immensen Herausforderungen stellen müssen.

Zamość oder Warschau?

Welche dieser beiden Städte sollte als Rosa Luxemburgs Heimatstadt bezeichnet werden? Diese und andere Fragen beantworten Krzysztof Pilawski und Holger Politt in einem Interview über ihr im März erschienenes Buch Rosa Luxemburg: Spurensuche. Dokumente und Zeugnisse einer jüdischen Familie. Mit seinen zahlreichen anschaulich aufbereiteten Dokumenten, Fotografien und Abbildungen sowie dem begleitenden Text der Herausgeber zeichnet der Band die ersten schärferen Umrisse einer Familienbiografie. Da er derzeit nicht in öffentlichen Veranstaltungen vorgestellt werden kann, wurden Krzysztof Pilawski und Holger Politt von der Rosa Luxemburg Stiftung Brandenburg gebeten, die Motivation für ihre Arbeit an diesem Buch zu erläutern und ihr methodisches Herangehen zu erklären.

taz & ABC der globalen (Un)Ordnung

die tageszeitung aus Berlin ist Medienpartnerin des höchst aktuellen Buches ABC der globalen (Un)Ordnung, das bereits vor der globalen Covid-19-Pandemie erschien. In ihm greifen 114 Autorinnen und Autoren (unter ihnen die taz-RedakteurInnen Ulrike Herrmann, Christian Jakob und Anja Krüger) in 126 Stichwörtern die nicht eingelösten Wohlfahrtsversprechen der Globalisierung auf und zeigen Alternativen. Jetzt bietet die taz ein Kombiabo mit dem Buch im Paket als Abo der Woche an. Die von inzwischen mehr als 20.000 Genoss*innen getragene Zeitung stellt sich neu auf: »Geballte Frauenpower« heißt es im hauseigenen Blog. Denn mit Ulrike Winkelmann und Barbara Junge wird sie zum ersten Mal von einem rein weiblichen Team geführt. Junge wird ab dem 1. Mai ihre neue Aufgabe als Chefredakteurin übernehmen, Ulrike Winkelmann, die schon früher für die taz geschrieben und zuletzt beim Deutschlandfunk gearbeitet hat, kommt am 1. August hinzu, stellvertretende Chefredakteurin bleibt Katrin Gottschalk. Wir wünschen schon jetzt viel Erfolg und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit.

Tipps statt Termine

An dieser Stelle verweisen wir sonst auf Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen. Da diese aufgrund der Covid-19-Pandemie bis auf weiteres abgesagt sind, einige Hinweise darauf, wie Weiterbildung & Aktion im Netz trotzdem gehen können. Auf der Lesungen | Termine-Seite des Verlages gibt es zudem demnächst eine ausführliche Liste mit Online-Seminaren und Livestreams der nächsten Wochen und Monate. Also immer mal wieder reinschauen!


Winter adé

In der (äußerst ergiebigen) Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich dieser Dokumentarfilm von Helke Misselwitz aus dem Jahr 1988.
Ein Jahr vor dem Fall der Mauer fängt die Regisseurin auf ihrer beeindruckenden, in Schwarz-Weiß gedrehten Reise durch die DDR die Stimmung im Land und die Hoffnungen, Wünsche und Enttäuschungen insbesondere der Frauen ein. Zusätzlich gibt es in der Mediathek ein 2018 geführtes Gespräch mit der Regisseurin über diesen Film und seine Entstehungsbedingungen in der DDR. »Winter adé« empfiehlt sich nicht zuletzt als Ergänzung für die in Sozialismus 4/2020 dokumentierten Beiträge von Frauen zur Strategiekonferenz der LINKEN am 29.2/1.3.2020, aber z.B. auch zu »Frauen in der DDR und der BRD – ein Vergleich« von Ursula Schumm-Garling in Sozialismus 11/2019, S. 35ff.

Die Linke und die globale Pandemie
Das europäische Netzwerk transform! hat bereits eine Reihe von Videos zu den strategischen Herausforderungen der Covid-19-Pandemie und Alternativen der Linken veröffentlicht. Mit Beiträgen des Mitherausgebers des »Socialist Register«, Leo Panitch, interviewt von Kate Hudson; Luciana Castellina und Nancy Frazer, interviewt von Haris Golemis; sowie Alex Demirović im Gespräch mit Gerassimos Kouzelis. Weitere Webinare setzen sich mit der Lage der Flüchtlinge auf dem Balkan und in Griechenland in Zeiten der Pandemie auseinander.

Globale Solidarität

»Unsere Welt gerät aus den Fugen: Soziale Spaltung, Ungleichheit, Wirtschaftskrise, Klimakatastrophe und der Aufstieg eines neuen Autoritarismus stellen unsere Zivilisation grundlegend infrage. Der Kapitalismus ist gescheitert, ob in seiner protektionistischen oder globalisierten Variante, und es wird immer klarer, dass vernünftige Antworten auf diese drängenden Zukunftsfragen demokratisch und sozialistisch sein müssen.« Dieser Aufgabe stellt sich das Dossier der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Globale Solidarität – für einen Internationalismus der Zukunft.

Soziale Ungleichheit
Inzwischen haben 725.000 Betriebe Kurzarbeitergeld beantragt. Einer Hochrechnung der Hans-Böckler-Stiftung zufolge sind annähernd vier Millionen Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen. Nach einer HBS-Befragung sind »Beschäftigte in niedrigeren Einkommensgruppen … häufiger in Kurzarbeit als Arbeitnehmer mit höheren Einkommen. Nur 32% der Betroffenen berichten, dass sie eine betriebliche Aufstockung erhalten, für die Mehrheit der Beschäftigten (52%), vor allem Frauen, gilt das nicht. Von den Befragten, die in Kurzarbeit sind und keine Aufstockung erhalten, geben 40% an, in dieser Situation maximal drei Monate finanziell durchhalten zu können.« Zudem kommt es verstärkt zu einem Rückfall in traditionelle Formen geschlechtlicher Arbeitsteilung. Zur Befragung ­äußerte sich auch die designierte WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch in der verlinkten Presseerklärung.

Neue Bücher

Bitte besucht eure Lieblingsbuchhandlung vor Ort! Die Mund- und Nasenmaske nicht vergessen und die Buchhändler*innen ggf. darauf hinweisen, dass auch unsere Bücher über die Großhändler oder bei uns bestellt werden können. Falls das nicht gewünscht wird, könnt ihr lieferbare Bücher anstelle bei Amazon direkt bei uns bestellen (wie das geht, ist hier unter »Der Bestellvorgang« beschrieben). Auch telefonische Bestellungen sind über 040/2809 5277-10 möglich, ebenso solche über E-Mail an katrin.reimann[at]vsa-verlag.de bzw. julia.koppke[at]vsa-verlag.de.

Im Mai erscheinen:

Ulrich Brand: Post-Wachstum und Gegen-Hegemonie
Klimastreiks und Alternativen zur imperialen Lebensweise
Mit einem Beitrag zur Corona-Krise
192 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-027-7

Michael Brie/Judith Dellheim (Hrsg.): Nulltarif
Luxus des Öffentlichen im Verkehr: Widersprüchlicher Fortschritt einer Idee im ÖPNV
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
240 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-011-6

IG Metall-Bezirksleitung Küste (Hrsg.):
Matrosenaufstand und Novemberrevolution 1918
Was Republik und Demokratie für Gewerkschaften bedeuten
112 Seiten | EUR 9.80 | ISBN 978-3-96488-063-5

Jens-F. Dwars/Dieter Hausold/Christiane Schneider/Paul Wellsow: Ein Sokrates der DDR
Nachdenken über Dieter Strützel (1935-1999) | Herausgegeben von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen | 72 Seiten | EUR 6.00 | ISBN 978-3-96488-061-1

Dietlind Kautzky/Thomas Käpernick (Hrsg.):
»Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden«
Der Todesmarsch von Hamburg nach Kiel 1945 – Neun Biografien
192 Seiten | Hardcover | Fotos | durchgehend vierfarbig | EUR 19.80 |
ISBN 978-3-96488-064-2

Franz J. Hinkelammert: Die Dialektik und der Humanismus der Praxis
Mit Marx gegen den neoliberalen kollektiven Selbstmord
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
240 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-056-7

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