Wie der Spiegel in seiner Juli-Ausgabe 1972 berichtet, befindet sich Griechenland schon damals im Fokus der Öffentlichkeit: »Griechenland erlebt den größten Touristen-Boom seiner Geschichte«. Die Schatten der Militärdiktatur scheinen viele UrlauberInnen nicht zu stören.
Weniger entspannt ist die Lage für die Bundesregierung unter Kanzler Willy Brandt: Am 2. Juli tritt Wirtschafts- und Finanzminister Karl Schiller zurück. In seinem Rücktrittsbrief wirft er dem Kanzler und seinen Kabinettskollegen mangelnde Unterstützung vor – der hohen Staatsverschuldung (»Bonner Finanzkrise«) und drohenden Inflation hatte der »Superminister« mit einem schon damals umstrittenen strikten Sparkurs entgegenwirken wollen. Sein Nachfolger wird der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt.
In der Bundesrepublik werden weitere RAF-Mitglieder verhaftet: Am 7. Juli spüren Beamte das RAF-Mitglied Hans-Peter Konieczny auf und überzeugen ihn davon, der Polizei bei der Festnahme weiterer Terroristen zu helfen. Noch am selben Tag tappen Klaus Jünschke und Irmgard Möller in die Falle.
Im »Spiegel« vom 17. Juli beschwört Bildungsforscher Georg Picht einmal mehr den drohenden »Kollaps an den Universitäten«. Bemerkenswert sein Befund: »Es ist einfach grotesk, dass man in einer Zeit, da der größte Teil der Welt marxistisch orientiert ist, an den westdeutschen Universitäten kaum Gelegenheit hat, Marxismus qualifiziert und auf entsprechendem theoretischem Niveau zu lernen.«
Auch um das zu ändern, bringt das VSA: Team den ersten Band der »archiv-drucke« (siehe auch Monat Mai) mit Originaltexten von Marx und Engels endlich zu Ende. Nachdem unentwegt getippt und das Layout mit Fixogum zusammengeklebt wurde, ist der Rest nicht minder aufregend: Team-Kollegen drucken auf mehreren Kleinoffset-Maschinen selbst – Makulatur zahlreicher Druckbögen und Verschleiß von Druckplatten inklusive. Gebunden wird das Büchlein schließlich von einer professionellen Buchbinderei, die ersten Exemplare liegen am 28. Juli 1972 in den Westberliner linken Buchläden.
Am 21. Juli eskaliert erneut der Nordirland-Konflikt: Am »Bloody Friday« werden in Belfast bei einer Serie von circa 20 Bombenanschlägen der IRA neun Menschen getötet und 130 verletzt.
Ebenfalls am 21. Juli eröffnen in Bayreuth die 22. deutschen Richard-Wagner-Festspiele: Die versammelte Gästeschar (u.a. die Bundesminister Genscher, Ertl und Dohnanyi sowie der DDR-Ministerialbeamte Schrader) erleben eine Aufführung, die zum Skandal wird. DDR-Regisseur Götz Friedrich, der im November 1972 über Schweden in die Bundesrepublik flüchten wird, inszeniert einen sozialkritischen »Tannhäuser« mit dem Ziel, »die Veränderbarkeit und Veränderungswürdigkeit von Verhältnissen aufzudecken«.
In Brüssel unterzeichnen am 22. Juli Vertreter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie die Mitglieder der Europäischen Freihandelszone Österreich, Schweden, Schweiz, Finnland, Island und Portugal, ein Freihandelsabkommen und schaffen damit quasi die größte Handelsmacht der Welt.
Der Vietnamkrieg spitzt sich weiter zu: Vertreter von 27 europäischen kommunistischen Parteien treffen am 27. Juli in Paris zu einer »Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien in Europa gegen die amerikanische Aggression in Vietnam« zusammen und verabschieden eine »Deklaration für die Solidarität mit den Völkern Indochinas«.