Liebe Leser*innen und Freund*innen des Verlages,

nach drei Jahren Corona-Pause fand vom 27.–30. April 2023 die Leipziger Buchmesse wieder statt. Auch wir waren in wechselnder Besetzung erneut mit einem Stand (in Halle 5, D507) vertreten und durften sehr viele Besucher*innen begrüßen. Außerdem hatten wir elf Autor*innen zur Vorstellung ihrer Bücher auf der Leseinsel linker Verlage Die Bühne eingeladen – und alle kamen! Fotografische Impressionen und Kurzberichte haben wir online gestellt.

Einige weitere Eindrücke hat unsere Kollegin Rebecca Schmidt notiert, die zum ersten Mal auf einer Buchmesse war: »Überall lesebegeisterte, politisch interessierte und kritisch denkende Menschen, die sich auch mal in einen Stand reinsetzen, um zu lesen – das war schön zu beobachten. Auch z.B. unsere linken politischen Bücher leisten also einen bemerkenswerten Beitrag zur Belebung von Diskussionen. Oft kamen Menschen an unserem Stand vorbei und lobten unsere Arbeit sowie unsere Autor*innen für den wichtigen Beitrag – sei es ein Anstoß zum kritischen Nachdenken über politische Fragen oder ein Anreiz zum Aktivismus. Die Buchpräsentationen verstärkten diesen Effekt, wie man an den zahlreichen Zuhörer*innen merken konnte, die auch danach noch Fragen stellten – ein wichtiger Beitrag zum demokratischen Diskurs. Vor allem kleineren und unabhängigen Verlagen wie unserem wird die Möglichkeit gegeben, unterrepräsentierte Blickwinkel in den Fokus zu rücken. Für mich persönlich war es ein tolles Erlebnis, die Moderation ›meiner‹ Buchvorstellungen hat mir zudem großen Spaß gemacht und meine Perspektiven erweitert. Auf ein Nächstes!«

In diesem Sinne einen angenehmen frühlingshaften Mai!
Das Team des VSA: Verlags aus Hamburg

Aktuelles

Warum wir China besonders in den Blick nehmen

Das 20. Jahrhundert war lange Jahre durch die Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und Sowjetkommunismus geprägt. Im 21. Jahrhundert steht der Ausgang der Chinesischen Revolution im Zentrum, wie Perry Anderson schon 2010 prognostizierte.

Michael Bries Analyse in Chinas Sozialismus neu entdecken wird von der Frage bestimmt, ob dort Tendenzen einer über den Kapitalismus positiv hinausweisenden Gesellschaft ausgemacht werden können. Er bringt den Leser*innen die spezifischen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Strukturen nahe und begegnet den Leistungen und Defiziten des chinesischen Volkes, der kommunistischen Partei und seiner Regierung mit Respekt. Chinas politische Führung hat viele Doktrinen des sowjetischen Erbes über Bord geworfen und hält zugleich an der leninistischen Partei fest. Und ohne eine besondere Leistungsfähigkeit wären die unübersehbaren Erfolge nicht erreicht und die Tür zu einem Sozialismus des 21. Jahrhundert nicht aufgestoßen worden.

Einen anderen Blickwinkel präsentiert uns Wolfgang Müller in seinem neuen Buch China: neuer Hauptfeind des Westens?. Denn die Volksrepublik gilt den USA, der EU und auch hierzulande als der neue Pol der Systemkonfrontation, was nicht zuletzt der »Chip-Krieg« deutlich macht. Ihr Aufstieg zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht, die Auseinandersetzungen mit den USA, die rigiden Anti-Corona-Maßnahmen und ihre Haltung zur Taiwan-Frage haben ein neues Feindbild entstehen lassen. Nach Staats- und Parteichef Xi Jinping will das Land das »Jahrhundert der Erniedrigung« durch die westlichen Kolonialmächte hinter sich lassen und mit »gemeinsamem Wohlstand« im Inneren »der Welt auf Augenhöhe begegnen«. Aber ist China deswegen eine neue imperialistische Macht, die nach der Weltherrschaft greift und jetzt mit der »neuen Seidenstraße« den Globalen Süden ausplündert?

Noch andere Sichtweisen bringen chinesische Autor*innen selbst in den vom Beijing-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebenen Reihe LinkerChinaDiskurs ein. Band 1, herausgegeben Yang Ping und Jan Turowski, war der Sozialismusdebatte chinesischer Prägung gewidmet. Die Autor*innen des zweiten, von Meng Jie und Jan Turowski herausgegebenen und demnächst erscheinenden Bands Immer noch tastend den Fluss überqueren diskutieren zentrale Aspekte des marktsozialistischen Entwicklungsmodells. In Vorbereitung sind zwei weitere Bände zur Synthese bzw. den Widersprüchen zwischen Moderne und Sozialismus.

Hintergrundinformationen zu und Plädoyers gegen Aufrüstung und Militarisierung

»Die Autor*innen dieses Buches plädieren für einen schnellen Waffenstillstand in der Ukraine und für eine neue europäische Friedensarchitektur. Das sind die Voraussetzungen für ein friedliches Europa und eine friedliche Welt. Wir dürfen nicht vergessen, dass nicht nur die Ukraine ein Kriegsschauplatz ist. Die Welt braucht eine Kultur des Friedens. Wie sonst sollen die Klimakrise bewältigt, erbitterte Verteilungskämpfe um knapp werdende Ressourcen verhindert, die großen sozialen Ungerechtigkeiten überwunden werden? Was wir brauchen, ist ein friedliches Zusammenleben der Menschen, um die großen Herausforderungen der Zukunft zu lösen. Darum geht es. Wie heißt es bei Immanuel Kant: ›Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.‹« Das schreiben Uwe Hiksch und Michael Müller im Vorwort des Bands Krieg bis zur Erschöpfung, in dem zahlreiche Autor*innen unterschiedliche Plädoyers für eine gemeinsame Sicherheit im 21. Jahrhundert vorstellen. Denn die infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ausgesetzten Ansätze zu Transparenz, Vertrauensbildung und Rüstungs­kontrolle können nur reaktiviert werden, wenn Friedens- und Entspannungspolitik neu gedacht und weiterentwickelt werden.

Eine etwas andere Einführung in die politische Farbenlehre ...

... haben Andreas Fisahn, Alois Stiegeler und Manfred Braatz in ihrem Buch Oben, Unten, rechts und links ausprobiert. Sie wollen in ungewöhnlicher Form all jene zu Diskussionen anregen, die sich politisch links verorten. In Gesprächen, die die vier fiktiven Personen Nina, Rahel, Deniz und Max miteinander führen, werden gesellschaftspolitische, ökologische und wirtschaftliche Themen diskutiert, ohne in das beliebte Fachchinesisch abzugleiten. Es kommen Stimmen verschiedenen Alters und Geschlechts zu Wort – und damit auch unterschiedliche Perspektiven. Deutlich wird, dass es oft mehr als eine richtige Sicht oder den Königsweg gibt. Verständlich servierte Erkenntnisse bedeutsamer Vordenker*innen werden hinterfragt und gegebenenfalls modifiziert. In Exkursen zum Beispiel zu Neoliberalismus, Armut und Reichtum, Krieg und Frieden wird zudem Hintergrundwissen bereitgestellt. Einen Teil der Texte haben die Autoren als Podcasts aufgenommen, die auf der RLS-Website angesteuert werden können.

Eckpunkte und Entwicklungslinien der Weltgeschichte ...

... stellt Stephan Krüger im 7. Band seiner Reihe »Kritik der Politischen Ökonomie und Kapitalismusanalyse« dar. Unter dem Titel Epochen ökonomischer Gesellschaftsformationen charakterisiert er die Geschichte der Menschheit von der Evolution des Homo sapiens bis hin zur Existenz eines allumfassenden kapitalistischen Weltmarkts als Globalgeschichte unseres Planeten mit all ihren Unterschiedlichkeiten und Ungleichzeitigkeiten. Dabei geht es auch um die Frage, welche Übergänge einer Gesellschaftsformation und Produktionsweise in eine jeweils andere festzustellen sind und warum Gesellschaften überleben, sich fortentwickeln oder untergehen. Die Analyse der Logik des geschichtlichen Prozesses – im Großen und Ganzen eine aufsteigende Entwicklung nicht nur in der Ökonomie und dem Grad der Naturbeherrschung – gibt zudem Auskunft über Herrschaftsverhältnisse, aber auch über die Herausbildung der Individualität nicht nur von einzelnen Subjekten, sondern der Gesellschaftsmitglieder insgesamt.

Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen

STREIKs sind Kristallisationspunkte gewerkschaftlichen Handelns, in denen sich Konflikte zwischen Beschäftigten und Unternehmern zuspitzen. In buchstäblich Tausenden von Arbeitskämpfen mit mehreren zehntausend Arbeitsniederlegungen haben Beschäftigte und ihre Gewerkschaften in den vergangenen beiden Jahrzehnten um die Verbesserung ihrer Arbeits- und Einkommensbedingungen gekämpft. Dabei haben sie teils große Erfolge erzielt, teils aber auch Niederlagen erlitten. Heiner Dribbusch berichtet über beides.

»Wer wissen will, was gewerkschaftliche Politik ausmacht, welche Hochs und Tiefs die Arbeitskampfentwicklung im 21. Jahrhundert in Deutschland bislang durchlaufen hat und warum Streik – gleichsam als Brennglas für gesellschaftliche Dynamiken und Konflikte – aus einer Demokratie nicht wegzudenken ist, sollte dieses Buch lesen. Kaum jemand hat sich eingehender mit Gewerkschaften und Arbeitskämpfen befasst als Heiner Dribbusch. Gut, dass er seine Erkenntnisse in diesem Band bündelt!«
Nicole Mayer-Ahuja, Arbeitssoziologin, Professorin an der Universität Göttingen

»Ein Buch für Streikende, Gewerkschafter*innen und Wissenschaftler*innen: es enthält nahezu alles, was es über Streiks der jüngeren Vergangenheit zu wissen gibt – von einem der besten Kenner des Streikgeschehens in Deutschland.«
Oliver Nachtwey, Gesellschaftswissenschaftler, Professor an der Universität Basel

Neue Bücher

Im April sind erschienen:

Benjamin-Immanuel Hoff (Hrsg.): Neue Wege gehen
Wie in Thüringen gemeinsam progressiv regiert wird
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
260 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-184-7

Wolfgang Müller: China: neuer Hauptfeind des Westens?
Nach 100 Jahren Erniedrigung will das Land der Welt auf Augenhöhe begegnen
160 Seiten | EUR 14.80 | ISBN 978-3-96488-174-8

Wilfried Weinke (Hrsg.): Die Erinnerung wachhalten
Ulrich Bauche und sein Wirken in Hamburg
192 Seiten | Hardcover | EUR 19.80 | ISBN 978-3-96488-109-0


Für den Mai 2023 erwarten wir:

Andreas Fisahn/Alois Stiegeler/Manfred Braatz: Oben, Unten, rechts und links
Eine etwas andere Einführung in die politische Farbenlehre
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
208 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-183-0

Walter Baier/Peter Brandt/Lühr Henken/Barbara Majd-Amin/Michael Müller/Peter Wahl u.a.
Krieg bis zur Erschöpfung?
Gegen Aufrüstung und Militarisierung
176 Seiten | EUR 14.80 | ISBN 978-3-96488-167-0

Norbert Wohlfahrt/Johannes Schillo: Deutsche Kriegsmoral auf dem Vormarsch
Lektionen in patriotischem Denken über »westliche Werte« | Eine Flugschrift
128 Seiten | EUR 10.00 | ISBN 978-3-96488-188-5

Kim Lucht/Frank Deppe/Klaus Dörre (Hrsg.): Sozialismus im 21. Jahrhundert?
Analysen & Alternativen zum Krisen-Kapitalismus mit Armut, Klimakrise, Aufrüstung & Kriegen
Sozialismus-Debatten 1 | 192 Seiten | EUR 19.80 | ISBN 978-3-96488-173-1

Gün Tank/Biplab Basu/Eberhard Schultz/Klaus Kohlmeyer (Hrsg.)
Das Problem heißt institutioneller Rassismus. Vielfalt statt Ausgrenzung
176 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-086-4

Meng Jie/Jan Turowski (Hrsg.): Immer noch tastend den Fluss überqueren
Chinas marktsozialistisches Modell verstehen
Linker ChinaDiskurs 2 | Eine Publikation des Beijing-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung
256 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-118-2

Michael Brie: CHINAS SOZIALISMUS neu entdecken
Ein hellblaues Bändchen jenseits der Froschperspektive auf ein spannendes Experiment
176 Seiten | EUR 14.00 | ISBN 978-3-96488-182-3

Stephan Krüger: Epochen ökonomischer Gesellschaftsformationen
Eckpunkte und Entwicklungslinien der Weltgeschichte
Kritik der Politischen Ökonomie und Kapitalismusanalyse, Band 7
920 Seiten | Hardcover | EUR 49.80 | ISBN 978-3-96488-143-4

Heiner Dribbusch: STREIK
Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
352 Seiten | Hardcover | EUR 29.80 | ISBN 978-3-96488-121-2

Termin-Tipps

Bitte auf der Website der Veranstalter nachschauen, ob die Präsenzveranstaltungen stattfinden.


Gemeinsam in die Offensive. 5. Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung

12. bis 14. Mai 2023 | Bochum | Ruhr-Universität, Universitätsstraße 150
In Bochum veranstaltet die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit lokalen und regionalen Gewerkschaftsgliederungen und anderen gewerkschaftsnahen Akteuren gemeinsam die fünfte Konferenz »Gewerkschaftliche Erneuerung« an der Ruhr-Universität Bochum. Die Veranstaltung wird seitens der Universität sowohl von der Gemeinsamen Arbeitsstelle RUB/IGM als auch vom Institut für soziale Bewegungen begleitet. Nach dem großen Erfolg der von über 800 Kolleg*innen besuchten Braunschweiger »Streikkonferenz« 2019 werden auch zur Bochumer Konferenz hunderte Aktive aus unterschiedlichen Gewerkschaften, Wissenschaftler*innen und Menschen aus der Streiksolidarität erwartet. Ziel der Konferenz ist, Erfahrungen auszutauschen, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und zu diskutieren, wie mit neuen, offensiven Strategien die kommenden Auseinandersetzungen angegangen werden können. Das Programm mit 25 Arbeitsgruppen,  Plenumsveranstaltungen und Vernetzungstreffen umfasst mehr als 150 mitwirkende Kolleg*innen, die ihre Themen in die Konferenz tragen werden. Die Redaktion Sozialismus.de und der VSA: Verlag gehören zu den Medienpartner der Konferenz.

1918/19: Eine deutsche Revolution und ihre Folgen
25. Mai 2023 | Hamburg-Bergedorf | 19:00 Uhr | SerrahnEINS, Zentrum für Kultur und Gesellschaft e.V., Serrahnstraße 1
Bernhard Nette hat ein Buch verfasst, in dem er die im Jahr 1978 geführten Interviews mit sozialdemokratischen (Elsbeth und Herbert Weichmann), kommunistischen (Harry Naujoks) und konservativen (Kurt Sieveking, CDU und Hans Gebauer, Berufsoffizier) Zeitzeugen dokumentiert, die sich an die damalige Zeit erinnerten. Der Autor stellt sein Buch vor und beleuchtet die Novemberrevolution, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die beiden deutschen Staaten bis zur Kanzlerschaft von Willy Brandt – die langen historischen Wellen bis zum heutigen Krieg.
Der Eintritt ist frei.

Seid ihr denn wahnsinnig! Wunsch und Wirklichkeit linken Verlegens

2. Juni 2023 | Berlin | 18:00 Uhr | Mehringhof (Blauer Salon), Gneisenaustr. 2A)
Podiumsgespräch mit Barbara Kalender (März Verlag), Hanna Mittelstädt (Edition Nautilus), Gerd Siebecke (VSA: Verlag) und Jörg Sundermeier (Verbrecher Verlag) zur Eröffnung der 20. Linken Buchtage Berlin (das komplette Programm gibt es hier).
Einen Verlag gründen und linke Bücher verlegen, warum tut sich jemand so etwas an? Unsere vier Podiumsgäste wissen es vielleicht. Die Verlegerin Barbara Kalender erzählt im jüngst erschienenen »Das ganze Leben. Jörg Schröders Vita« das Leben des Verlegers Jörg Schröder und die Geschichte des März-Verlags. Hanna Mittelstäd, Mitgründerin der Edition Nautilus, veröffentlichte mit »Arbeitet nie! Die Erfindung eines anderen Lebens« eine Chronik des Verlags. Der VSA: Verlag feierte im vergangenen Jahr sein fünfzigjähriges Bestehen, und Jörg Sundermeier gehört mit dem Verbrecher Verlag zu den Gründern der Linken Buchtage. Ein Gespräch über Wahnsinn und Idealismus, Bücher und Buchhaltung, Prekarität und Professionalisierung.

Russlands Kapitalismus. Die Zukunft des »System Putin«
3. Juni 2023 | Berlin | 12:00 Uhr | Mehringhof (Raum SEF 2), Gneisenaustr. 2A)
Felix Jaitner stellt im Rahmen der 20. Linken Buchtage Berlin sein Buch vor. Am 24. Februar 2022 begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine, gefolgt von zunehmender Härte und Zerstörung. Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht. Beim »System Putin« handelt es sich um eine Autokratie, die sich auf eine rohstoffbasierte Wirtschaft und auf die Macht der repressiven Staatsdienste stützt. Ein Großteil der russischen Bevölkerung akzeptiert dieses Gesellschafts- und Regierungssystem. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 beschloss die Regierung von Boris Jelzin, die Preisbindung fast aller Waren aufzuheben – der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft. Mit der Nachfolge durch Putin wurden die politischen Machtverhältnisse neu geordnet, der Prozess der Überwindung der sowjetischen Planökonomie hin zum Kapitalismus lief weiter. Die Russen erinnern sich an Putins erste Amtszeit als erfolgreiche Jahre, der mit einer »echten Überwindung des Kommunismus« in den Nachfolgestaaten der SU die große Katastrophe des 20. Jahrhunderts beenden wollte. Von einer sich zunächst nur verschärfenden Ungleichzeitigkeit driftet das russische Regime in eine reine Retropolitik mit tödlichen Zielen ab. Die Repression erreicht mit dem Krieg in der Ukraine ein neues Ausmaß. Waren zu Beginn der 2010er-Jahre noch große Demonstrationen möglich, wurde die Drohkulisse des Machtapparats unter Putin effizient: Einschüchterung, Angst, das Gefühl, an Leib und Leben bedroht zu sein, wegen Petitessen den Job, die Existenz zu riskieren, setzen sich fest. Wirkungsvoller Widerstand wird unter diesen Repressalien unmöglich. Es gibt nur noch rudimentäre Ansätze einer Zivilgesellschaft.

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