WTO: Demokratie statt Drakula
Für ein gerechtes Welthandelssystem
AttacBasisTexte 1
Aus dem Französischen von Joachim Wilke
96 Seiten | Text nicht mehr lieferbar | siehe AttacBasisText 25 | 2002 | EUR 6.50 | sFr 12.00
ISBN 3-87975-871-9 1
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Susan George erklärt die Geschichte und Funktionsweise der WTO, die in ihrer derzeitigen Form vor allem den Interessen der transnationalen Firmen dient und die BürgerInnen wie die Demokratie immensen Gefahren aussetzt.
"Es ist Irrsinn, Konkurrenz und Kommerz zu zentralen Werten des menschlichen Daseins machen zu wollen, und die WTO ist ... ein perfekter Kandidat für die 'Drakula-Strategie'. Wir können gewinnen, und das aus gutem Grund – denn unsere Gegner können verlieren!"
Susan George ist Vizepräsidentin von Attac Frankreich, stellvertretende Direktorin des Transnational Institute in Amsterdam und Präsidentin des Observatoire de la Mondialisation.
Leseprobe 1
Einleitung
Weshalb stößt die Welthandelsorganisation auf so viel Misstrauen und Gegnerschaft? Weshalb kämpfen Attac und so viele andere Organisationen in Frankreich und auf der ganzen Welt dafür, sie zu verändern, umzugestalten, ja abzuschaffen? Ist die WTO nicht eine zwischenstaatliche Fachorganisation und notwendig, um den Handel zwischen den Nationen zu regulieren, dessen Volumen mittlerweile 6.000 Milliarden Dollar pro Jahr übersteigt? Würde nicht das Gesetz des Dschungels herrschen, wenn es eine solche Organisation nicht gäbe? Nutzt sie nicht allen Ländern, ob reich oder arm, stark oder schwach? Diese Argumentationslinie verficht die WTO selbst. Wir werden im Folgenden auch auf diese Fragen eingehen. Aber zuvor sei deutlich gesagt: Attac ist für den Handel zwischen den Nationen. Niemand will sich hinter seinen Grenzen verkriechen. Umstritten ist, was Handelsobjekt sein soll und was nicht, und wer darüber zu entscheiden hat. Attac hält auch Regeln für den internationalen Handel für notwendig. Jedes System braucht Regeln, niemand will das Gesetz des Dschungels, und es geht nicht um die Rückkehr zu den finsteren Zeiten der Handelskriege in den 1930er Jahren. »Ja« zum Handel, »Ja« zu Regeln – allerdings nicht zu denen der jetzigen WTO, denn sie bedienen vor allem die Interessen der transnationalen Unternehmen und bergen in sich enorme Gefahren für die Bürger und die Demokratie. Die verschiedenen Abkommen der WTO laufen so, wie sie ausgelegt sind, darauf hinaus,– öffentliche Dienste zu schwächen oder zu vernichten;
– die kleinen Landwirte zu ruinieren;
– die sozialen Errungenschaften in Frage zu stellen;
– das Völkerrecht zum Gespött zu machen;
– die ohnehin schlechter gestellten Länder noch mehr zu benachteiligen;
– die Kultur gleichzuschalten;
– die Umwelt zu zerstören;
– die Reallöhne zu drücken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern;
– die Fähigkeit der Regierungen, ihre Bürger zu schützen, und die Fähigkeit der Bürger, von ihren Regierungen Garantien einzufordern, drastisch einzuschränken. Kurzum: Die Gegner der jetzigen WTO werfen ihr vor, dass sie den Kommerz über alle menschlichen Werte triumphieren lassen will. Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen, Bildung und Erziehung, öffentliche Dienste und Aufträge, geistiges Eigentum, Nahrungssicherheit – dies alles und vieles andere mehr wird aufs Korn genommen. Für diese Organisation ist die Welt tatsächlich eine Handelsware. Und Menschen, also Personen mit einem Namen, einem Beruf, einer Familie, mit Freunden, Leidenschaften, Pflichten, sind für sie nichts weiter als Konsumenten, d.h. Leute, die nur vermittels des Geldes am Leben der Gesellschaft teilhaben. Bürgerrechte haben in dieser Ordnung der Dinge nichts zu suchen. In diesem Buch wird erläutert, wie die WTO funktioniert und welche Gefahren darin liegen. Es will auch der Propaganda widersprechen, die die Welthandelsorganisation und ihre Alliierten verbreiten (besonders zum Dienstleistungsabkommen GATS), weil sie mit Entsetzen feststellen, dass die Bürger entschlossen sind, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen. Die WTO erscheint uns als perfekter Kandidat für die »Drakula-Strategie«, die von der Bürgerbewegung angewandt wurde, um das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) zu Fall zu bringen: Wie der Vampir, hat es das MAI nicht ertragen, dass es dem Tageslicht ausgesetzt wurde. Jetzt muss sich die WTO gefallen lassen, dem Licht ausgesetzt zu werden. Wir hoffen, dass sich dann alle, die sich angesprochen fühlen, mit Sachkenntnis dem Kampf für eine gerechtere Weltordnung, die insbesondere auch einen gerechteren Handel umfassen muss, anschließen können. Letzteres setzt unter anderem eine grundlegende Umgestaltung oder die Abschaffung der jetzigen Welthandelsorganisation voraus.
Leseprobe 2
Ein Wort zum Schluss
Zur Zeit des Kampfes gegen das MAI sagten viele gutinformierte Leute voraus, das Abkommen werde durchkommen, und man könne nichts dagegen tun. Man könne höchstens versuchen, soziale und ökologische Standards in den Text einzufügen. Was daraus wurde, ist bekannt. Diese Art von »realistischem Defätismus« hat in der sozialen Bewegung nichts zu suchen, und erst recht nicht bei Attac, der Bewegung, die unaufhörlich bekräftigt, dass eine andere Welt möglich ist. Es ist Irrsinn, Konkurrenz und Kommerz zu zentralen Werten des menschlichen Daseins machen zu wollen, und die WTO ist, wie eingangs gesagt, ein perfekter Kandidat für die »Drakula-Strategie«. Wir können gewinnen, und das aus gutem Grund – denn unsere Gegner können verlieren! Mit der WTO gehen die Neoliberalen, die Transnationalen, die kaltschnäuzigen oder diensteifrigen Regierungen zu weit. Es wird natürlich schwierig sein, sie zur Annahme tiefgreifender Änderungen zu zwingen, und darüber brauchen wir uns auch nicht zu wundern. Was wir zu tun versuchen, hat noch niemand in der Geschichte geleistet: die Durchsetzung der Demokratie im internationalen Raum. Ein Grund mehr, sofort an die Arbeit zu gehen. Attac will in diesem Kampf in der vordersten Reihe antreten.Leseprobe 3
Inhalt:
Abkürzungen
Einleitung (Leseprobe!)
Wer setzt Regeln – und für wen?
Geburt einer Organisation
Das ABC der WTO
Ist die WTO demokratisch?
Womit befasst sich die WTO?
Die großen Grundsätze
Das »race to the bottom« und der »komparative Vorteil«
Das Abkommen über technische Handelsschranken (TBT) und das Abkommen über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS)
Das Abkommen über handelsrelevante Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS)
Die Schlichtungsstelle (DSB)
Ein Beispiel: der Fall des »Hormonrindfleischs«
Der Taschenspielertrick von Marrakesch
Eine Kostprobe von DSB-Entscheidungen
Die Bananenschale
Von der Kunst der Erpressung
Das Landwirtschaftsabkommen (AoA)
Das entscheidende Streitobjekt: Das Dienstleistungsabkommen (GATS)
Die Gegenoffensive: Dumm stellen, Mund halten
Welche Dienstleistungen sind erfasst?
Die »Modi« des Erbringens von Dienstleistungen
Löhne zu Kleinholz schlagen
Die Verpflichtungen
Wer will was?
Kleine Texterläuterung: Die gefährlichsten GATS-Artikel
Was ist eine »öffentliche« Dienstleistung?
»Notwendigkeit« stiftet WTO-Recht
Subventionen adé: Artikel XV
Die Artikel über die »Verpflichtungsgebiete«
Grenzenlos verpflichtet
Darf ein Land seine Meinung ändern?
Andere Wege zur Liberalisierung
Qatar: Peanuts für den Süden
Einige Vorschläge für gerechten und fairen Handel
Ein Wort zum Schluss (Leseprobe!)