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Heinz Köller

Verbürgerlichung der Welt

Zur Weltgeschichte von 1770 bis 1870

688 Seiten | 2004 | EUR 49.80 | sFr 85.50
ISBN 3-89965-060-3

 

Kurztext:
Eine kleine Weltgeschichte des bürgerlichen Zeitalters von 1770 bis 1870 in 20 Kapiteln.


Die respektlose geistige Kritik am maroden Feudalsystem, die erstaunliche Produktivität der vorbildlichen industriellen Revolution in England sowie die durchschlagende Wirkung der Unabhängigkeitsbewegung der USA und vor allem der Französischen Revolution von 1789 stülpten die ablösungsreife Ordnung mehr und mehr, doch immer rapider um. Trotz des Zwischenerfolges der feudalen Reaktion auf dem Wiener Kongress (1814/15) ging schließlich aus einem sich steigernden Sturmlauf der Geschichte bis 1870 die kapitalistische Ordnung hervor. Sie erwuchs den rasant anwachsenden Produktivkräften, den Revolutionswellen von 1830 und 1848 und anderen bürgerlich-demokratischen und nationalen Erhebungen. Zugleich war sie Folge einer Fülle von unvermeidlich gewordenen Reformen "von oben".

Damit entstanden peu à peu die Dominanz der Bourgeoisie mit ihrer vorwärtsweisenden Freiheit der Meinungen und schrankenloser Betätigung des Menschen, doch auch der formalen Demokratie und der Exploitation des Menschen durch den Menschen. Die Bildung der bürgerlichen Nationalstaaten wurde im Wesentlich abgeschlossen, was allerdings die Rivalität der Mächte keineswegs verminderte.

Welche Rolle spielte dabei das nur die kapitalistischen Zentren der Welt erfassende Fabriksystem? Welche Funktion erfüllte der bürgerliche Liberalismus? Wie prägte sich das konträre Wechselverhältnis von Unternehmern und Lohnarbeitern aus? Was war die Kehrseite des Welthandels und des Kolonialismus, die die fragliche Einheit der Welt herstellten? Was veranlasste die Arbeiterklasse, anknüpfend an die Visionen der großen Utopisten, die Herrschaft der Bourgeoisie einer zunehmend prinzipiellen Kritik zu unterwerfen? Welche umwälzende Rolle spielte dabei der Marxismus?

Der Autor
Heinz Köller, Prof. Dr. habil., Historiker der allgemeinen und französischen Geschichte, ehem. Humboldt Universität Berlin. Ausgewählte Buchveröffentlichungen: Frankreich. Ein historischer Abriss, Köln 1978 (zusammen mit Bernhard Töpfer). "Für Demokratie, Brot, Frieden". Die Volksfront in Frankreich 1935-1938, Bonn 1996.

Rezensionen

Revolutionen und Stürme
Humboldt-Historiker über Weltgeschichte von 1770 bis 1870
Von Walter Schmidt (ND 30.9.04)

Das Jahrhundert vom Beginn der industriellen Revolution in England, dem amerikanischen Unabhängigkeitskampf der USA 1775-1783 und der Großen Französischen Revolution von 1789 bis zur Gründung des Deutschen Reiches, der Konstituierung des italienischen Nationalstaats und der Pariser Kommune 1870/71 gilt als das Zeitalter der bürgerlichen Umgestaltung, von "Revolutionen und Stürmen", die auf der Grundlage der Industrialisierung die feudalen Zustände beseitigten und die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft durchsetzten. Diesen komplizierten und überaus widerspruchsvollen Prozess der "Verbürgerlichung der Welt" sucht das voluminöse Buch, gewachsen aus langjährigen Vorlesungen vor Studenten der Geschichte und der Pädagogik an der Berliner Humboldt-Universität, nachzuzeichnen.

Heinz Köller stützt sich auf eine überaus umfangreiche, aber nicht immer die neueste Literatur internationaler Provenienz und wertet verständlicherweise Forschungen und Darstellungen deutscher Historiker, zumal aus der DDR besonders aus.

Der Band skizziert die historischen Grundlinien des Verbürgerlichungsprozesses und bietet so einen durchweg anregenden Überblick zur Weltgeschichte von 1770 bis 1870. Vier Vorzüge der Darstellung fallen ins Auge.

Ohne die führende Rolle der entwickelten Länder Europas und der USA zu vernachlässigen oder gar in Frage zu stellen, werden entgegen jeglichen eurozentrischen oder so genannten atlantischen Vorstellungen erstens die geschichtlichen Vorgänge dieses Jahrhunderts auf allen Kontinenten unter dem Blickwinkel der Durchsetzung des Kapitalismus durchleuchtet: Russland, das Osmanische Reich und Nord- wie Südeuropa ebenso wie Südamerika, die Länder Asiens und Afrikas, Australien und Neuseeland. Dabei wünschte man sich freilich an manchen Stellen stärker verdeutlicht, worin das Wesentliche der Verbürgerlichung vor allem in den Kolonien Asiens und Afrikas bestand.

Zweitens werden die ökonomischen Entwicklungen, namentlich der Verlauf und vor allem die Ausbreitung der industriellen Revolution mit ihren nachhaltigen gesellschaftsverändernden Wirkungen wie die Wandlungen auf dem Agrarsektor, ausführlich behandelt und damit Verständnis für den Siegeszug der kapitalistischen Gesellschaftsordnung bereitet.

Drittens erscheinen die Revolutionen dieses Zeitalters (1789, 1830, 1848 und der Unabhängigkeitskampf wie der Bürgerkrieg der USA), zumeist in selbstständigen Kapiteln abgehandelt, ihrer historischen Funktion gemäß als "Lokomotiven", als Triebkräfte des gesellschaftlichen Fortschritts, eine Bewertung, die inzwischen unter den Historikern verschiedener Couleur selbst für niedergeschlagene Revolutionen nicht mehr in Frage gestellt wird. Dass die revolutionären Höhepunkte in Frankreich (wie überhaupt die französische, aber auch die englische und die USA-Geschichte) besonders ausführlich, konkret und zum Teil recht lebendig dargestellt sind, verwundert angesichts der Spezialkenntnisse des Autors nicht. Für 1848 ist die Qualifizierung der Pariser Juniinsurrektion, ihres durchaus proletarischen Charakters wie ihrer objektiv auf soziale Ausgestaltung der bürgerlichen Ordnung begrenzten Zielsetzung sowie als Wendepunkt der europäischen Revolution besonders bemerkenswert.

Viertens schließlich muss die ausführliche Behandlung der Geschichte der Arbeiterbewegung in zwei umfangreichen Kapiteln zu den Vorzügen des Buches gezählt werden. Zurecht distanziert sich Köller von illusionären Vorstellungen über Möglichkeiten der Realisierung sozialistischer Ziele, stellt auch die proletarische Parteibildung als Zentralproblem in den Vordergrund; doch wünschte man sich bei der Darstellung der frühproletarischen Bewegungen der 30er und 40er Jahre das elementare Emanzipationsstreben der Arbeiter (und nicht nur der führenden Theoretiker) stärker beachtet.

Vor allem aber interessiert wohl generell die Frage mehr, worin der Anteil der selbstständig werdenden Arbeiterbewegung bei der Etablierung der bürgerlichen Gesellschaft in diesem Jahrhundert bestanden hat. In diesen Zusammenhang gehört das Problem der durchaus unterschiedlichen demokratischen und sozialen Ausgestaltung der aufstrebenden bürgerlichen Gesellschaft, die vorrangig nicht das Verdienst der Bourgeoisie war, sondern entscheidend abhing von den Aktivitäten und den zumeist nur zeitweiligen Erfolgen der nichtbourgeoisen (unterbürgerlichen) demokratischen Elemente der neuen Gesellschaft und mithin auch der Arbeiterklasse während der gesamten bürgerlichen Umwälzung.

Ein so umfassendes Unternehmen aus einer Feder provoziert zwangsläufig auch Widerspruch. Eine Fehlentscheidung m.E. war es, Deutschland in einer Darstellung des weltweiten bürgerlichen Umgestaltungsprozesses zu marginalisieren, beiläufig in die – fraglos lobenswerte – gründliche Behandlung der Geschichte des Habsburgerreiches einzuordnen. Da hätten die einstigen Vorlesungsgrenzpfähle unbedingt herausgerissen werden müssen. Nicht nur weil Deutschland nun mal eine zentrale Stellung in Europa einnahm, sondern auch und vor allem weil der "deutsche" reformerische Weg zur bürgerlichen Gesellschaft – im Unterschied zur "französischen" revolutionären Alternative – exemplarisch war und überdies international dominierend wurde. Sicher ließe sich die Wegeproblematik, als ein Zentralproblem der bürgerlichen Umwälzung gründlicher erörtern und dabei auch den Gründen nachgehen, die der – meist von scheiternden Revolutionen begleiteten – Reformalternative in den meisten Ländern der Welt das Übergewicht verschaffte. In der Art des als "Nachwort" bezeichneten abschließenden Resümees wären sicher etwas ausführlichere Zwischenbilanzen zum jeweiligen Stand der Verbürgerlichung an den historischen Schnittpunkten nützlich gewesen. Eine weitere Aufgliederung des Inhaltsverzeichnisses einzelner Kapitel und vor allem ein Personenregister würde die Benutzbarkeit des Buches erhöhen.

Alles in allem eine interessante und nützliche, anregende und lesenswerte Arbeit für alle an der Epochenproblematik des "langen" 19. Jahrhunderts wie an Weltgeschichte überhaupt Interessierte.

Leseprobe 1

Vorwort


Der Herausbildungsprozess der modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft schritt in den hundert Jahren nach 1770 so kräftig voran, dass sie rasch ihre Dominanz zu erlangen und danach auszubauen vermochte.

Die globale Geschichte hatte sich in der Zeit der Menschwerdung und der sich ausbildenden Urgesellschaft denkbar langsam vollzogen. Eine gewisse Beschleunigung war in der Epoche der Herausbildung altorientalischer und verwandter Klassengesellschaften in unterschiedlichen Weltteilen eingetreten. Dieser Tempogewinn hatte sich am sichtbarsten in der Zeit des Hellenismus in Makedonien, Griechenland sowie insbesondere Rom ausgeprägt. Nachdem die römische Sklavenhalterordnung relativ rasch im 4. und 5. Jahrhundert nach Christus an ihren inneren und äußeren Widersprüchen zugrunde gegangen war, hatte die Epoche des Feudalismus begonnen. Auch sie war wieder durch ein denkbar geruhsames Entwicklungstempo gekennzeichnet gewesen, das ein knappes Jahrtausend anhielt.

Kennzeichnend für die nun in Europa dominierende feudale Formation war die Expropriation der leibeigenen oder hörigen Bauern durch die Feudalherren. Der sich schließlich extrem zuspitzende Antagonismus dieser beiden Grundklassen schloss keineswegs aus, dass der Feudalismus die bis dahin höchstentwickelte Gesellschaft war. Außer in Europa bildeten sich auch im Vorderen Orient, in Indien, China und im noch unentdeckten Mittelamerika meist ohne das Durchgangsstadium Sklavenhaltergesellschaft frühe feudale Elemente aus.

Im Feudalismus, der sich vornehmlich in der Landwirtschaft und auf einem relativ niedrigen Stand der Technik entwickelte, bewirtschaftete der Bauer zwar die ihm von Feudalherren überlassenen Bodenteile faktisch selbstständig. Aber ihm verblieb lediglich der bescheidene Ertragsanteil, der über die beträchtlichen an den Feudalherren zu leistenden Abgaben hinausging. Den wachsenden bäuerlichen Widerstand suchte der Feudalherr durch allgemeinen und außerökonomischen Zwang zu brechen.

Im Widerspruch zur vorherrschenden Naturalwirtschaft, zur minimalen Arbeitsteilung und gegebenen feudalen Zersplitterung innerhalb der Gesellschaft bildeten sich freilich ab dem 14. Jahrhundert in Gebieten West- und Zentraleuropas in Gestalt des Handelskapitals und des Manufakturwesens umwälzende Veränderungen aus. Erfordernisse, die sich aus der Westverlagerung im Gefolge der Entdeckung Amerikas (1492) ergaben, beschleunigten diese Vorgänge außerordentlich. In ihrem Sinne wirkten die gescheiterte frühbürgerliche Revolution in Deutschland und die gelungene in den Niederlanden, die Reformation sowie die bürgerlichen Umwälzungen in England (von 1641 und 1688) und ebenfalls innovative Praktiken von Landesfürsten, die sich der Vorzüge einer frühkapitalistischen Umwandlung der Gesellschaft zu bedienen wussten.

Die entscheidenden Antriebe für die zügige Verbürgerlichung der Welt von 1770 bis 1870 – und damit kommen wir zum Gegenstand dieser Darstellung – erwuchsen dann der anwachsenden geistigen Kritik am Feudalismus, der umwälzenden Rolle der in England eingeleiteten industriellen Revolution sowie dem Unabhängigkeitskampf der Nordamerikaner und der feudalen Endkrise in Frankreich unmittelbar vor 1789. Insbesondere die Französische Revolution sowie die Anfangsphase der Napoleonischen Ära erschütterten schließlich die gesellschaftliche und politische Struktur des Spätfeudalismus. Die weitreichenden Auswirkungen dieser Vorgänge konnten auf dem Wiener Kongress von 1814/1815 nur partiell und zeitweilig eingedämmt werden. Auf der Basis der nun auch andere Länder erfassenden industriellen Revolution schritten vor allem nach 1830 die kapitalistische Umwandlung und ebenfalls die Kolonisierung der weniger oder kaum entwickelten Weltteile rasch voran.

Der bürgerliche Liberalismus eskalierte zur dominierenden Spielart bürgerlicher Weltanschauung und Politik und erfuhr im Ringen mit entwicklungswidrigen spätfeudalen Kräften einen mächtigen und anerkennenswerten Aufschwung. Er vertrat im politischen Leben etliche Prinzipien, die zweifellos außerordentlich vorwärtsweisend waren und von der Mehrheit der Menschen gebilligt wurden. Da indes das Gros der Bourgeoisie diese allerdings lediglich in ihrem engen Klasseninteresse handhabte, prägte sich der zuerst nur geringe Gegensatz zwischen dem Liberalismus und den Volksmassen immer deutlicher aus. Er nahm zwischen Bourgeoisie und dem jungen Proletariat, das doch Objekt einer rüden Exploitation war, zunehmend antagonistischen Charakter an. Um die theoretische Orientierung und organisatorische Formierung des Proletariats rangen verschiedene Kräfte, namentlich zuerst solche der sozialistischen bzw. kommunistischen Utopien, dann chartistische und schließlich marxistische, die nach einer wissenschaftlich begründeten Alternative zur bürgerlichen Ordnung strebten.

In den europäischen Revolutionen von 1848 ergab sich der für sie bald kennzeichnende Rücklauf hauptsächlich aus dem Bruch der bourgeoisen Kräfte mit den Volksmassen im allgemeinen und den proletarischen im besonderen. Er war Produkt ihrer Bereitschaft zum Paktieren mit den Kräften der Vergangenheit, die folglich zeitweilig wieder Oberwasser erhielten, dabei freilich vielfach flexibel die Methode der Revolution »von oben« handhabten. Auch auf außen- und kolonialpolitischem Terrain wurde mit ernüchternder Wirkung deutlich, dass die Bourgeoisie – und das häufig im Bündnis mit der Reaktion – politische Spielarten bevorzugte, die ihren ursprünglichen Verheißungen schroff widersprachen.

Die nach 1848 in etlichen Staaten stürmisch voranschreitende Industrialisierung schuf die kapitalistische Weltwirtschaft mit ihren unbestreitbaren Errungenschaften und Vorzügen, doch auch ihren systembedingten Gegensätzen von mehr oder weniger industrialisierten und zurückgebliebenen Ländern und Gebieten. Im Innern erzeugte sie den scharfen Gegensatz zwischen zunehmend saturierter Bourgeoisie und einer wachsenden Arbeiterklasse, die an den Segnungen des Fortschritts vielfach kaum beteiligt war. Folglich war die Gründung der I. Internationale 1864 eine zutiefst berechtigte alternative Positionierung der proletarischen Kräfte, die die kapitalistische Gesellschaft reformieren oder gar nicht akzeptieren wollten. Die abschließende Ausprägung der bürgerlichen Gesellschaft, die durch ihre Vorzüge den bis dahin höchsten historischen Entwicklungsstand gewährleistete, zugleich allerdings durch den fundamentalen Klassengegensatz von Kapital und Arbeit gekennzeichnet blieb, ging einher mit der progressiven Beendigung der nationalen Vereinigung der Italiener und Deutschen, so dass gegen 1870 die Formation der bürgerIichen Nationalstaaten wesentlich abgeschlossen war.

Vorliegende Gesamtschau eines Jahrhunderts trägt dem Umstand Rechnung, dass die wesentlichen Elemente des Antriebes bei der Verbürgerlichung der Welt seit etwa 1770 westeuropäischer und nordamerikanischer Provenienz waren, doch diese Transformation im zunehmenden Wechselspiel mit Lateinamerika, Teilen Asiens sowie des australischen und afrikanischen Raumes, deren Bewohner in ihrem Tun in wachsendem Maße eigenen kontinentalen und landesgeschichtlichenErfordernissen Rechnung trugen, zustande kam. Im Nachwort werden die wesentlichen Resultate eines Säkulums der Durchsetzung des bürgerlich-kapitalistischen Fortschritts resümiert.

Die Schilderung und Wertung weltweiter Vorgänge, die in dieser Darstellung eines umwälzenden Jahrhunderts erörtert werden, erwuchsen ihrer langjährigen Darstellung vor Studenten der Geschichte und der Pädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Objekt ist die außerdeutsche allgemeine, globale Geschichte. Die nationale Geschichte der Deutschen wird also nicht durchgehend behandelt, sondern nur insofern sie engstens mit dem konkreten Ablauf der Geschichte anderer Länder verbunden ist – was indes vielfach der Fall war. Dort, wo sie knapp oder ausführlicher angeführt wird, ist nie Vollständigkeit angestrebt. Die Darstellung basiert selbstverständlich insbesondere auf anerkannten Werken überblicksartigen Charakters (so z.B. bezüglich Europa und Nordamerika auf solchen von G.M. Trevelyan, Ch. Webster, J.R. Butler, A.J.P. Taylor, A.L. Morton, E. Hobsbawm, F. Guizot, Ch. Seignobos, G. Lefebvre, G. Mathiez, A. Soboul, J. Droz, J. Bruhat, M. Agulhon, G.-A. de Bertier de Sauvigny, J. Kuczynski, W. Markov, M. Kossok, G. Ziebura, H.-U. Wehler, D. Langewiesche, Ch.A. Beard, S.E. Morison, H.S. Commager, W.A. Williams, Ph.S. Foner, E. Tarlé, A.S. Manfred sowie A. Ado und von etlichen anderen). Außerdem wurde eine Fülle von Spezialdarstellungen zu ausgesuchten Themen ausgewertet.


Leseprobe 2

Nachwort


Im Zeitraum 1770 bis 1870 etablierte sich das von der bürgerlichen Klasse geprägte kapitalistische System zuerst in Staaten, die bis heute fester Bestandteil der bürgerlichen Weltordnung sind: in England, Frankreich, Belgien und den Niederlanden sowie in den USA. England, der ökonomische Vorreiter dieser Entwicklung, erzielte auf der Grundlage der qualitativ neuen industriellen Revolution (1760-1830) einen bis 1870 uneinholbaren Vorsprung, der ihm im Welthandel und Kolonialbereich eine Monopolstellung verschaffte. Im Ergebnis der Wahlrechtsreformen von 1832 und 1867 errichtete bzw. festigte die britische Industrie- und Handelsbourgeoisie ihre Vorherrschaft über die moderne Fraktion der Landlords. England wurde zum klassischen Land des Kapitalismus.

Die Französische Revolution sowie das napoleonische System versetzten um die Wende zum 19. Jahrhundert dem altersschwachen europäischen Feudalsystem die entscheidenden politischen Schläge und animierten zahllose bürgerliche Kräfte anderer Länder dazu, die aufrüttelnden Ideen der Aufklärung, der Enzyklopädisten und des dritten Standes aufzugreifen. Und das Beispiel der insbesondere unter den Jakobinern erfochtenen Bauernbefreiung bewog Millionen Bauern des Kontinents, ihnen nachzueifern. Umwälzendes bürgerliches Recht führte Napoleon später in eroberten Gebieten ein, sodass die gewerbliche Aktivität des Bürgertums sich international freier zu entfalten vermochte. Durch den feudalen Rückschlag, den der Wiener Kongress besiegelte, kehrten zwar auf dem Rücken der englischen, österreichischen, russischen und preußischen Alliierten die unbelehrbaren Bourbonen nach Frankreich zurück, aber ihr Kurs auf Restauration scheiterte im Wesentlichen schon 1830. Die dann in Frankreich zur Macht gelangten Orleanisten mussten missmutig die Vorherrschaft des Finanzkapitals anerkennen, strebten allerdings nach Praktizierung einer liberalen Politik des englischen Typs, die auf Kooperation des Finanzkapitals mit der Aristokratie und Negierung entschiedener bürgerlich-demokratischer Haltung zielte.

Freilich begann schon bald darauf dadurch die von den Liberalen genährte Illusion der Freiheit rasch zu verfliegen. Der Kurs der Halbheiten wurde nicht zufällig schon 1848 durch bürgerlich-demokratische Revolutionen in Frage gestellt, die – von der Bourgeoisie konsequent geführt – eine geradlinige Verbürgerlichung hätten einleiten können, eine solche Entschiedenheit aber meist nicht aufwiesen. Unbelastet durch feudale Relikte und befreit durch die Unabhängigkeitsbewegung von 1775 bis 1783, entwickelten sich die bürgerlichen USA nach 1863 raschen Schrittes zur kapitalistischen Ordnung, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts unverblümt die weltweite Hegemonie anstreben sollte. Die letzten inneren Hindernisse auf diesem Weg ergaben sich aus der zunehmend verworfenen, üblen Sklaverei der Afroamerikaner. Nach deren Abschaffung im Bürgerkrieg (1861-1864) wurde eine optimal forcierte ökonomische Entwicklung ermöglicht, die schon unmittelbar nach 1870 einen zeitigen Übergang zur monopolistischen Entwicklung des Kapitals ankündigte, die im 20. und soeben beginnenden 21. Jahrhundert kennzeichnend für die jetzige Entwicklungsstufe des Kapitalismus war und ist.

Damit war allerdings nach der Jahrhundertmitte eine Forcierung des expansiven außenpolitischen Programms der USA verbunden. Während das Moment der Saturiertheit in den Bekenntnissen der britischen Bourgeoisie allmählich überwog – hatte sie doch bereits weitgehend alles erreicht, was sie in der Weltpolitik angestrebt hatte –, sprachen Interessenvertreter der nordamerikanischen Bourgeoisie unumwunden von dem Gebot "der 'Ausweitung des Areals der Freiheit', von der Unterstützung solch edler Prinzipien wie dem der 'territorialen und administrativen Unversehrtheit' und erhoben den Anspruch, 'die Welt für die Demokratie zu retten' – all das, während sie im gleichen Atemzug die indianische Urbevölkerung nahezu ausrotteten, die Hälfte des Staatsgebietes von Mexiko an sich rissen und die Einflusssphäre ihrer Regierungsmacht ohne Pardon rund um den Erdball ausdehnten."[1]

Entwickelten sich die Niederlande und Belgien teilweise bzw. weitgehend ähnlich wie England, so litten die späteren Großmächte Deutschland, Italien und Japan lange unter noch gegebenen feudalen Umständen (wobei Italien noch dazu eine drückende Fremdherrschaft zu erdulden hatte) und dem Ausbleiben ernsthafter revolutionärer Versuche der Bourgeoisie, so tatkräftig wie die englische, nordamerikanische und vor allem französische sich der feudalen Fesseln zu entledigen. Diese Mächte gelangten folglich nur verspätet zur Durchsetzung des bürgerlichen Fortschritts. Die Verbürgerlichung der Gesellschaft erfolgte meist erst unter Ausnutzung einer günstigen außenpolitischen Konstellation, der wachsenden Schwäche der nach südosteuropäischer Hegemonie gierenden Habsburger seitens der auf die nationale Vereinigung orientierten Italiener und Preußen sowie der Japaner, die sich der Meiji-Reform, dieser eigentümlichen Form der Revolution von "oben", bedienten. Dass in allen diesen Fällen entscheidende Wirkungen von energischen Vertretern des Großgrundbesitzes ausgingen, der Beitrag der Bourgeoisie aber denkbar bescheiden blieb, ergab sich aus einer vielfach noch vorhandenen kümmerlichen alternativen Kultur dieser Klasse, aus einer Schwäche also, die später, im 20. Jahrhundert und nach erfolgter Aufteilung der Welt vor allem zugunsten der früh gekommenen bürgerlichen Großmächte bei den "Spätgekommenen" wohl nicht zufällig extrem expansive, ja faschistische Bestrebungen zeitigte.

Russland, dessen feudalabsolutistisches System zuerst noch weitgehend stabil war, wurde nach dem Wiener Kongress der Gendarm Europas. Seine außenpolitische Hegemonie auf dem europäischen Kontinent stieß aber auf wachsenden Widerstand vor allem Englands. Im Innern Russlands war ernsthafte Kritik zeitweilig auf Kreise des Adels beschränkt, deren antizaristischem Konzept eine gezielte Orientierung auf eine Alternative an der Seite des Volkes meist fehlte. Die schwache Bourgeoisie war außerstande, das Steuer herumzureißen und den aufrührerischen Bauern eine Führung zu geben.

Im Gefolge der im 18. Jahrhundert forcierten antifeudalen geistigen Kritik, der umwälzenden englischen industriellen Revolution, der einschneidenden Umwälzungen in Nordamerika und vor allem in Frankreich sowie der tiefgreifenden Veränderungen durch Napoleon erfuhr der außerordentlich beschleunigte gesellschaftliche Umwandlungs- und Formationsprozess einen bisher einmaligen Effektivitätsgewinn. Die sich unwiderruflich durchsetzenden kapitalistischen Produktionsverhältnisse ermöglichten eine außergewöhnlich stürmische Entwicklung der Produktionskräfte, die auf der Basis des kolossalen Fortschritts der Naturwissenschaften (der Mathematik, Biologie, Mechanik, Elektrik, Kunstdüngerproduktion usw.) und der Technik überhaupt erfolgte. Auf der ersten (Londoner 1851) und zweiten (Pariser 1855) Weltausstellung kam es zu einer denkbar effektiven Propagierung neuer Erkenntnisse.

War noch unmittelbar vor 1789 die absolute Spielart der Feudalherrschaft bestimmend gewesen, so dominierte 1870 die schon von der Bourgeoisie entscheidend beeinflusste verfassungsmäßig beschränkte Monarchie. Diese räumte dem Parlament hinsichtlich der Regierungspolitik den wesentlichen Einfluss ein, gewährleistete eine parlamentarische Kontrolle und reduzierte die monarchische Gewalt auf eine dem Parlament untergeordnete. Das Bürgertum der entwickelten Länder hatte in verdienstvoller Weise die hinderlich gewordene Suprematie des Adels beendet, wodurch unerhört viele gesellschaftliche Potenzen frei wurden, die bis dahin unbekannte Wirkungen zeitigten. Seine geschmeidigsten Repräsentanten räumten den überlebten Kräften der Ci-devants freilich erhebliche Zugeständnisse ein, was François Furet, ein namhafter Befürworter einer solchen Politik, lobpries,[2] obwohl ihm die vielfach negativen Folgen solcher Halbheiten bewusst waren. Reformen, die vor 1848 und vielfach auf Volks- und Bürgerdruck gewährt werden mussten und die ebenso wie revolutionäre Vorgänge eine manchmal höchst effektive Dialektik von Revolution und Reform ergeben hatten, wurden danach häufiger eingeräumt, vielfach, um allerdings unter aristokratischer Dominanz eine Kooperation von flexiblen Ci-devants und liberalen Bourgeois zu gewährleisten.

Überdies suchte die Bourgeoisie, die eine ganze Reihe bürgerlicher Freiheiten (so die der Versammlung und der Presse) akzeptierte und durchsetzte, manche dieser und andere in häufig formale zu verwandeln. Da indes Forderungen nach solchen Freiheiten von den Volks- und kleinbürgerlichen Massen immer hartnäckiger erhoben wurden, waren heftige und andauernde Konflikte zunehmend unvermeidlich. Nach einer gewissen Zeit der Gemeinsamkeit wider feudale Reaktion und Willkür waren somit sich verstärkende Konflikte zwischen Bourgeoisie und Volk programmiert. Exponenten der Volksforderungen wurden zuerst insbesondere kleinbürgerliche und dann proletarische Kräfte. Während allerdings die ersteren im Gefolge ihrer vorbehaltlosen Bejahung des Privateigentums vielfach einem Ausgleich zugeneigt waren (so Proudhon), rangen letztere unter chartistischen, frühsozialistischen oder kommunistischen bzw. marxistischen Führern um Teil- oder Gesamtlösungen. Die ersten Marxisten gelangten dabei schrittweise zur 1870 noch keineswegs abgeschlossenen Erkenntnis der optimalen Bedeutung der Erringung von uneingeschränkter Demokratie für die schließliche Erkämpfung einer antikapitalistischen Alternative.

Die kapitalistische Gesellschaft, die sich in einer Reihe von tonangebenden Ländern etabliert hatte bzw. dies in anderen bald tat – so in Russland, dessen Niederlage im Krimkrieg gegen England und Frankreich und anwachsenden Bauernerhebungen die Bauernbefreiung von 1861 bewirkten –, repräsentierte einen bis dahin einmaligen Fortschritt. Marx und Engels bilanzierten 1848: "Die Bourgeoisie hat in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen. Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampfschifffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphie, Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen – welches frühere Jahrhundert ahnte, dass solche Produktionskraft im Schoß der gesellschaftlichen Arbeit schlummerte."[3]

Die Klasse der Kapitalisten setzte an die Stelle der überlebten feudalen Organisation der Agrikultur und Manufaktur und des weitmaschigen internationalen Handels die Struktur einer weitaus effektiveren freien Konkurrenz und der dieser angemessenen gesellschaftlichen und politischen Verfassung unter ihrer ökonomischen und politischen Dominanz. Die von ihr beredt propagierte Freiheit des Individuums erwies sich als außergewöhnlich zugkräftige und effektive Losung, wurde sie doch zuerst vom werktätigen Gros der Menschheit voll akzeptiert. Nicht sofort wurde indes erkenntlich, dass die vielfach erkämpfte Freiheit nur den Reichen der Welt wirkliche Freiheit und Macht bescherte, die vielfach willkürliche unternehmerische Freiheit die dominante war.

Mit der nationalen Vereinigung Italiens und Deutschlands schloss überdies die Periode der Herausbildung der Nationalstaaten wesentlich ab – zum Vorteil der betreffenden Völker, unter Dominanz der Bourgeoisie, aber unter Beteiligung der Großgrundbesitzer an deren Herrschaft. Dagegen blieb der nationale Traum der Ungarn, vor allem der Tschechen, Slowaken und südslawischen Völker Österreichs, der Finnen, Baltikumvölker, doch auch der Iren, Korsen, Basken und mittelamerikanischen Völker unerfüllt, da die Bourgeoisie der sie unterdrückenden Staaten ihrem gerechten Streben unbeteiligt begegnete bzw. sie gar existente Herrenvölkermanieren übernahm. Es bedurfte erst der Erschütterung der Mittelmächte durch den Ersten Weltkrieg und der Errichtung der Sowjetunion 1917, der man doch Barrieren entgegenzustellen suchte, um zu Erfolgen bei der staatlichen Konstitution ost- und südosteuropäischer Staaten zu gelangen.

Sichtbar wurde nach hundertfünfzigjähriger Etablierung der bürgerlichen Gesellschaft auch, dass diese nicht nur erhebliche, zuweilen auch verständliche Anfangsschwierigkeiten hatte. Sie ließ darüber hinaus auch bereits Grundgebrechen des Systems erkennen, die – so sein ausbeuterisches Wesen, die periodische chronische Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftskrisen und die Exploitation der Dritten Welt – aus dem permanenten Gegensatz von dominanten privateigentümlichen Bestrebungen und dem vielfach brüskierten allgemeinen gesellschaftlichen Interesse erwachsen. Im übrigen ließ der von Profitinteressen getriebene Bourgeois "kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übrig ..., als das nackte Interesse, als die gefühllose 'bare Zahlung'".[4]

Folglich war es nur verständlich, dass die junge Arbeiterbewegung einer Reihe von Ländern schon 1864 das eigensüchtige und vielfach wortbrüchige Vorgehen der Bourgeoisie auf zunehmend internationalem Parkett mit einem zwar unzureichenden, aber alternativen Widerstand beantwortete. Die I. Internationale gründend, beschloss sie ein viele Länder umfassendes Vorgehen der Arbeiter gegen das herausfordernde Verhalten der Unternehmer. Damit offenbarte sich eindringlich, dass außer der Existenz von diesen und der Arbeiter ebenfalls der grundlegende antagonistische Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit gegeben war, der bis in die Gegenwart hinein zwar seine Formen wandelte, aber existent blieb.

Gegen 1870 hatte der vormonopolistische Kapitalismus die Vorherrschaft in der Welt erlangt. Es war zur Herausbildung des Weltmarktes gekommen, auf dem die ihm eigenen Gesetze die verbindlichen geworden waren. Die beschleunigte Kolonisation der noch nicht aufgeteilten Gebiete des Globus begann und sollte allerdings bald abschließen. Auch dadurch begannen sich die Widersprüche ungemein zu verstärken: zuerst insbesondere zwischen englischen und französischen Kolonialisten, später zwischen diesen beiden und den ungestüm nachdrängenden deutschen bzw. zwischen den nordamerikanischen und spanischen. Schließlich sollten die früh Gekommenen den spät Gekommenen schroff gegenüberstehen, die ersteren von den anderen auf Leben und Tod herausgefordert werden.

Begleitet wurde diese Entwicklung durch eine meist forcierte expansive außenpolitische Zielsetzung. Während ein gewisses Moment der Saturiertheit in den Vorhaben und Äußerungen der britischen Bourgeoisie unverkennbar war – es drückte aus, dass sie bereits das meiste besaß, was sie angestrebt hatte –, begannen Interessenvertreter ihrer vor allem deutschen und japanischen Kontrahenten Aggressionsziele zu formulieren und Sprecher ihrer nordamerikanischen Konkurrenten immer unumwundener von der "Ausweitung des Areals der Freiheit" zu reden.

Dass es namentlich in entwickelten Ländern von uns aufgezeigte alternative Zielsetzungen gegen die Herrschaft des Kapitals gab, bedeutete noch längst nicht, dass diese bereits eine Erfolgschance besaßen. 1870, am Ende ihrer umfassenden und raschen Errichtung, besaß die bürgerliche Gesellschaft einen nicht nur vor allem ökonomisch begründeten Entwicklungsvorteil und eine kolossale geistig-ideologische Anziehungskraft. Sie hatte überhaupt noch längst nicht ihre gewaltigen Möglichkeiten ausgeschöpft und ausgespielt. Die in ihr verfochtenen Prinzipien zündeten weiterhin in den entwickelten Ländern und strahlten noch stärker in den weniger entwickelten und unentwickelten Ländern und Erdteilen aus, in welchen überlebte, ja marode Strukturen und Vorstellungen noch dominierten.

Indem die I. Internationale beschränkte Gegenwartsziele als Sofortziele formulierte und wegkam von vorerst verfrühten Endzielen der Entwicklungsstufe des "Kommunistischen Manifestes", trug sie in löblicher Weise zunehmend dieser Lage Rechnung. Marx und Engels tadelten unerbittlich reformistische Erscheinungen bei britischen Arbeiterführern nicht von praxisfernen Vorreiterpositionen aus, sondern weil sie den noch nicht überwundenen und vielfach schädlichen Einfluss der Liberalen auf die proletarische Bewegung und die Käuflichkeit von Führern unnachgiebig anprangerten.

Vom Gebot, zuerst die vollständige Demokratie und uneingeschränkte demokratische Rechte zu erkämpfen, die Demokratie also aus einem Instrument zur Wahrnehmung vorwiegend bürgerlicher Interessen in ein solches allgemeiner Interessen zu machen, das es später gestatten würde, über die Interessen der Großeigentümer hinaus vorzustoßen, entfernten sich die bewusstesten der Arbeiter auch nicht, als im März 1871 in Paris die Kommune errichtet werden sollte.

Dass das Pariser Proletariat sich auf die Nachricht von Napoleons III. Niederlage von Sedan an der Ausrufung der Dritten Republik beteiligt, die I. Internationale es aber vor jedem Versuch gewarnt hatte, "die neue Regierung [Trochu] zu stürzen", wurde schon vermerkt. Bis auf die meisten Bakunisten verfuhren die Arbeiter in diesem Sinne. Doch das nach Sedan letztlich unbegründete weitere Vorrücken der Deutschen ließ sie freilich nicht ungerührt. Sie beteiligten sich an der Stärkung der Nationalgarde, um der Verwandlung des Krieges in einen gerechten zu genügen. Die Regierung aber suchte die Nationalgarde durch sinnlose Ausfallversuche auszubluten, so dass der Schriftsteller M. Barrès empört feststellte: "Ihr Ziel ist nicht der Sieg, sondern die Übergabe."

Diesen Kurs missbilligte das linke Zentralkomitee der 20 Arrondissements von Paris. Die unbeschreibliche Hungersnot in der von den Deutschen belagerten Stadt, die schließliche Kapitulation der Regierung vor Bismarck (Januar 1871), der Wahlsieg der Monarchisten in der Provinz und die volksfeindliche Praxis der rechtslastigen Regierung trieben die Erregung der Pariser auf die Spitze. Schon am 7. Januar hieß es in einem Plakat des Zentralkomitees:

"Hat die Regierung, welche sich mit der nationalen Verteidigung beauftragte, ihre Mission erfüllt? Nein! ... Sie [die Kreise, die über Frankreich herrschen] konnten weder verwalten noch kämpfen ... Die Fortsetzung dieses Regimes bedeutet Kapitulation ... Die Bevölkerung von Paris wird sich niemals mit dem Elend und der Schande abfinden ... Allgemeine Aushebung, kostenlose Verpflegung, Massenangriff! ... Platz für das Volk! Platz für die Kommune!"[5]

Als dann die rechtslastige neue Regierung unter dem schon früher im Volk verhassten Thiers am 18. März den Versuch unternahm, das Pariser Volk zu entwaffnen, erhob es sich spontan und errichtete die Kommune, eine revolutionär-demokratische Stadtverwaltung.

Vom 18. März bis 28. Mai herrschten die Arbeiter und Kleinbürger erstmalig über Paris. Dem am 26. März gewählten 80-köpfigen Rat der Kommune gehörten 64 Arbeiter bzw. -vertreter an. Etwa 30 von diesen zählten zur Pariser Sektion der I. Internationale (darunter Varlin, Malon, Frankel, Duval und Serraillier). Eine Mehrheit von ungefähr 40 Abgeordneten bestand aus Blanquisten und Kleinbürgern, die Minderheit aus rund 25 linken und rechten Proudhonisten, die meist der I. Internationale angehörten. Zwischen diesen Strömungen gab es freilich heftige Auseinandersetzungen über den einzuschlagenden Kurs.

Was in kurzer Zeit und im Trommelfeuer der Belagerer getan wurde, war dennoch bemerkenswert: Das im Bereich der Kommune nicht mehr existente stehende Heer wurde durch die Volksbewaffnung ersetzt, die Liaison von Kirche und Staat aufgelöst, der Schulunterricht unentgeltlich erteilt. Die Staatsgeschäfte führten zehn verantwortliche Kommissionen, die Entscheidungen nicht nur beschlossen, sondern auch durchführten. Sozialökonomische Maßnahmen wurden eingeleitet, die die angespannte Lage der Werktätigen spürbar verbesserten. Von ihren Besitzern stillgelegte Fabriken und Werkstätten wurden an Arbeitergenossenschaften überwiesen. Von den Erfordernissen der Lage ausgehend wurden somit proudhonistische Dogmen widerlegt. Namhafte Vertreter der Kunst (so Courbet), der Wissenschaft usw. wirkten im Rat der Kommune ebenso tatkräftig mit wie Emigranten aus Polen, Ungarn und Russland.

Existenz und Kurs der Kommune ließen Thiers und Bismarck keine ruhige Stunde mehr. Ersterer bettelte den zweiten um Hilfe an. Schon am 27. März kam dann ein französisch-deutsches Komplott gegen Paris zustande. Bereitwillig überließ die deutsche Seite der französischen 100.000 Kriegsgefangene. Nachdem Thiers’ Truppen in Paris hatten eindringen können, begann am 21. Mai der heroische Endkampf der Kommunarden. Eine Woche lang wurde um jedes Haus gestritten. Bis zum 28. Mai wurden unzählige Kommunarden im Kampf getötet oder danach einfach füsiliert, später eingekerkert (rund 40.000) oder in überseeische Straflager deportiert (etwa 7.500). Der internationalen Reaktion, die ein Triumphgeheul anstimmte, erwiderte August Bebel im Reichstag, die Kommune werde trotz allem ein anspornendes Vorpostengefecht bleiben. Die Pariser Kommune, die erste vorwiegend von Arbeitervertretern gebildete Regierung der Geschichte, kam relativ früh lediglich durch das außergewöhnliche Zusammentreffen besonderer politischer, nationaler und sozialer Umstände zustande. Sie unternahm bei ihrer berechtigten Reaktion auf die schnöde Kapitulation der Regierung Thiers erstmalig, doch verfrüht und überdies außerordentlich bedroht sowohl durch bewaffnete innere und äußere Feinde den Versuch, mittels revolutionär-demokratischer Maßnahmen den erschütterten bürgerlichen Staat durch eine Staatsordnung im Sinne der Volksmassen zu überwinden. Dieser Versuch musste misslingen. Eine eventuelle Neuauflage der Kommune befürchtend, setzte indes eine vorsichtig gewordene bürgerliche Parlamentsmehrheit 1875 die endgültige Etablierung der (3.) Republik durch, was ein bedeutender Erfolg war.

Marx und Engels, die doch vor einem voreiligen Vorstoß der Pariser gewarnt, aber nach Errichtung der Kommune Solidarität geübt hatten, widmeten der Deutung des ungewöhnlichen Ereignisses große Aufmerksamkeit. Für sie hatten sich die geringen Erfolgsaussichten der Kommune aus dem insgesamt noch unreifen Entwicklungsstand der Ökonomie und der Arbeiterbewegung[6] ergeben. Nach 1870/1871 vertiefte sich bei beiden die Erkenntnis, dass die überlebte "Rebellion alten Stils" (Engels) durch die allgemeine Erkämpfung und alternative Handhabung des allgemeinen Stimmrechts ersetzt werden müsse, dass die Arbeiterklasse ohne Erfolge im Kampf um Demokratie Sofort- und Fernziele nicht erkämpfen kann.

Der furchtbare Schreck, den die Errichtung der Pariser Kommune bei den herrschenden Schichten ausgelöst hatte, verwandelte viele Liberale bürgerlicher Staaten in Befürworter eines antidemokratischen Kurses. Die Masse der französischen brach vollends mit einem revolutionär-demokratischen Trend, der doch seit 1789 gegeben gewesen war. Besonders typisch für diesen vielfach schroffen Wandel wurde Hippolyte Taine, der vor 1871 positivistischen Auffassungen angehangen und unter anderem die Milieutheorie begründet hatte, die durchaus gewisse vorwärtsweisende Elemente enthielt. Doch nach dem nationalen Desaster von 1870 und insbesondere der Kommune war er eifrigst bemüht, das positive Bild der Revolution von 1789 – der er die Hauptschuld an den aufrührerischen Vorkommen seitdem zuschob – völlig umzustülpen.

Seine "Origines de la France contemporaine" (1876-1894) "stützten sich mehr als billig auf zweifelhafte oder tendenziös ausgewählte Quellenzeugnisse"[7] insbesondere adliger Provenienz. Taine zeichnete durch vorsätzlich ausgemalte Detailschilderung realistisch anmutende Bilder, obwohl diese die Erzeugnisse philosophischer Konstruktionen und revolutionsfeindlicher Voreingenommenheit waren. Er beschrieb bürgerliche Revolutionäre als Diebe und Mörder.

Doch diese allzu plumpe Verdammung von 1789, die eine Reihe ähnlicher Schriften mit sehr unterschiedlichem Niveau einleitete (von A. Cochin bis F. Furet), stieß beim französischen Volk und auch bei Bürgern demokratischer Gesinnung auf wachsenden Widerstand. Die meist kleinbürgerlichen Mitglieder der Radikalen Partei sowie Historiker wie der bürgerlich-demokratische A. Aulard und der Sozialist J. Jaurès bejahten die bürgerliche Revolution von 1789. In Frontstellung zu Bestrebungen, die Revolution von 1789 in eine "gute" und "schlechte", da radikale, zu zerreißen, verteidigte der junge G.B. Clemenceau – der Führer der bürgerlichen Radikalen – die Revolution als einheitlichen "Block". Weitere Versuche, das positive Revolutionsbild zu revidieren, blieben zwar bis heute nie aus, doch durch das Werk der Historiker A. Mathiez, G. Lefebvre und A. Soboul blieb die klassische positive Beurteilung desselben trotz in der Gegenwart verstärkter Angriffe in Frankreich dominierend. Das reflektiert, dass umwälzende und vorwärtsführende demokratische und revolutionäre Ereignisse, die im Wechselspiel mit solchen anderer Länder die historische Entwicklung kräftig vorantrieben, in wachsendem Maße gegen Revisionsbemühungen des Besitzbürgertums verteidigt werden.

Dass die noch vor dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts vorwiegend feudale Welt in den folgenden Jahrzehnten im Sinne der Bourgeoisie umgemodelt wurde, blieb allerdings unbestreitbar und ein bleibendes historisches Verdienst vor allem der liberalen industriellen Bourgeoisie. Freilich wurde nach 1848 sichtbar, dass diese Bourgeoisie angesichts der Reaktion der Volksmassen und namentlich des Proletariats auf ihre rüde Politik der Exploitation und Aggression verhaltener voranzuschreiten und ihre stürmischen Jugendjahre der Vergessenheit anheim fallen zu lassen suchte. Das bleibt heutzutage erklärlich, wo der bürgerliche Liberalismus nach seiner ausgeprägten Schwäche in der Zeit des Faschismus und der Systemauseinandersetzung bis 1990 in der Zeit danach als Neoliberalismus eine Renaissance erfuhr, die ihn als beredten Befürworter sozialer, nationaler und globaler Exploitation ausweist. Doch die Volksmassen gaben sich damit offensichtlich nicht zufrieden und meldeten in den rund 130 Jahren seit 1870, die doch durch die mehr oder weniger angefochtene bürgerliche Dominanz geprägt blieben, stets von neuem ihre konträren Ansprüche an.

Ohne dass man viele seiner Ansichten teilt, hat Charles Morazé mit dem Titel seines Buches "Die siegreiche Bourgeoisie" die von uns behandelte Periode gekennzeichnet. Diese darstellen und würdigen zu wollen war ein Verdienst von einigen Darstellungen des Genres Überblickswerk. Meinungsverschiedenheiten sind dabei unvermeidlich. So datiert "Der Durchbruch des Bürgertums 1776-1847", herausgegeben von E. Weiß, Band 4 der Propyläen Geschichte Europas, Frankfurt a.M. 1978, unseres Erachtens das Ende der Periode zwei Jahrzehnte zu früh. 1847, kurz vor ihren insgesamt misslungenen Versuchen revolutionärer Veränderungen, war die Bourgeoisie längst noch nicht "durchgebrochen". Und "Das neunzehnte Jahrhundert", 8. Band der "Weltgeschichte", editiert von G. Mann, Frankfurt a.M. 1978, beachtet unzureichend den markanten historischen Einschnitt von 1870 bis 1871, der in gewisser Hinsicht in entwickelten Ländern die bourgeoise Machteroberung sowie die nationale Vereinigung Italiens und Deutschlands abschloss. Was aber danach kam, war zweifellos ein neuer Entwicklungsabschnitt.

Nach 1870/71 setzte sich die wirtschaftliche Entwicklung in größerer Breite rasch und unaufhaltsam fort. Sie wurde zunehmend gekennzeichnet durch die Bildung und das rege Wirken industrieller und finanzieller Monopole, die zuerst in den USA[8] und West- und Mitteleuropa entstanden. Der Brite J.A. Hobson (1858-1940) war der Erste, der dieses neuartige Phänomen in seiner Ganzheit konstatierte[9] und aus dessen Erkenntnissen insbesondere Rudolf Hilferding, Rosa Luxemburg und Lenin zum Teil allerdings verschiedene Schlüsse zogen. Im gerade abgelaufenen 20. Jahrhundert waren die Monopole, diese immer profitgierigeren Riesenbetriebe, in wachsendem Maße innen- und außenpolitisch dominant. Von ihnen gingen sowohl positive als auch wachsende negative Wirkungen aus. Da indes die Aufteilung der Welt und ihrer kolonialen Bereiche Ende des 19. Jahrhunderts wesentlich zu Ende gegangen war, wurde die Frage der gewaltsamen Neuaufteilung von den besonders expansiven später gekommenen kapitalistischen Großmächten aufgeworfen, wobei sich diese schließlich auch faschistischer Methoden bedienten. Zwei verheerende Weltkriege waren die unmittelbaren Folgen.

Die Lage der Werktätigen besserte sich zwar im letzten abgeschlossenen Säkulum nicht unerheblich, insbesondere im Ergebnis ihres Kampfes in den Zentren der kapitalistischen Welt und auch der 1989/90 vor allem an argem Demokratiemangel gescheiterten Alternativversuche. Aber die schon von Saint-Simon angeprangerte Exploitation des Menschen durch den Menschen blieb freilich in sich wandelnden Formen existent, wobei sie weltweite Ausdehnung durch die voranschreitende Globalisierung erhielt. Wohl wurde die koloniale Unterdrückung alten Stils weitgehend abgeschafft, doch in der Dritten Welt dominieren noch heute die multinationalen Monopole eines knappen Dutzend reicher Länder. Die Länder dieser Erdteile sind Objekte globaler Ausbeutung und wachsender Aggression, wogegen die demokratische Weltöffentlichkeit und ebenfalls die UNO zunehmend häufiger und nachdrücklicher Stellung nehmen. Gegen sie wenden sich speziell Länder, die sich bisher, doch ohne durchschlagenden Erfolg, der Bevormundung zu entziehen suchten, sich nun vielfach allerdings anrüchiger Kampfmethoden bedienen, die die USA – die einzige Weltmacht unserer Tage – als zutiefst anfechtbaren Vorwand für immer zahlreichere und brutalere Aggressionen benutzen.

Im Alltag der Gegenwart hat sich das Treiben der Monopole so ausgeprägt, dass ein Kenner der Dinge wie der Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt vor einem existenzgefährdenden Raubtierkapitalismus[10] warnte. "Der rücksichtslose Gebrauch der Macht einiger Manager großer Verbände, Konzerne, Geldinstitute und Medienkomplexe kann zu einer ernsten Gefahr für den Bestand der offenen Gesellschaft werden." Dem wilden Treiben der Allmacht des Geldes sind offensichtlich wirksame Fesseln anzulegen. Eine Gesellschaft ist vonnöten, die der Willkür des Kapitals ledig ist.


[1] So der kritische nordamerikanische Historiker W.A. Williams, Der Welt Gesetz und Freiheit geben, Amerikas Sendungsglaube und imperialistische Politik, Hamburg 1985, S. 8f. Über die Begründung des American Way of Life, dem das Streben nach imperialistischer Größe stets eigen war, siehe u.a. K. Krakau, Missionsbewusstsein und Völkerrechtsdoktrin in den Vereinigten Staaten, Frankfurt a.M. 1967. Siehe auch H -U. Wehler, Der Aufstieg des amerikanischen Imperialismus, Studien zur Entwicklung des Imperium Americanum, Göttingen 1974, insbesondere S. 10-14 und G. Stadtmüller, Rechtsidee und Machtpolitik in der amerikanischen Geschichte, München 1957, S. 29.
[2] Siehe von ihm Penser la Révolution française, Paris 1983, S. 190ff., wo er einräumen musste, dass der von ihm überaus geschätzte Tocqueville unter dem erschreckenden Eindruck der Volksaktionen von 1848 "est devenu le conservateur d’un ordre si coûteusement rélabli", also eine Haltung einnahm, die der bonapartischen Reaktion objektiv zupass kam. Kurz vor seinem Tod verfasste Furet eine Schrift, Das Ende der Illusion, Der Kommunismus im 20. Jahrhundert, München 1996, die eine zutiefst berechtigte Kritik am Stalinismus benutzte, um alle revolutionären und demokratischen Bestrebungen generell zu verurteilen, die an die Revolution von 1789 anknüpften.
[3] K. Marx/F. Engels Manifest der Kommunistischen Partei, in: MEW Bd. 4, S. 467.
[4] Ebenda, S. 464.
[5] J. Bruhat/J. Dautry/E. Tersen, Die Commune de 1871, Paris 1960, S. 82f. Das nationale Moment habe, da ja die deutsche Armee nach der Kapitulation der Regierung in Paris herausfordernd aufmarschierte, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Kommunarden gestanden. Diese Worte Varlins waren der Lage richtig angepasst, wurden aber nicht durchgehend von allen Arbeitern beachtet, die das Soziale zu früh in den Mittelpunkt stellten. Zum Problem siehe auch: H.-G. Haupt/K. Hausen, Die Pariser Kommune, Frankfurt a.M. 1979.
[6] Engels schrieb 1895, auch 1871 zeigte sich, "wie unmöglich auch damals noch ... diese Herrschaft der Arbeiterklasse war. Einerseits ließ Frankreich Paris im Stich ...; andererseits verzehrte sich die Kommune im unfruchtbaren Streit der beiden sie spaltenden Parteien, der Blanquisten (Majorität) und der Proudhonisten (Minorität), die beide nicht wussten, was zu tun war. Ebenso unfruchtbar wie 1848 die Überrumplung, blieb 1871 der geschenkte Sieg." Einleitung zu "Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850" (1895), in: MEW Bd. 22, S. 516f.
[7] Siehe darüber den seriösen Schweizer Historiographen E. Fueter, Geschichte der neueren Historiographie, München/Berlin 1936, S. 589.
[8] Anfänge der Monopolbildung in den USA vermerkte Engels bereits zeitig. Siehe [Über die Konzentration des Kapitals in den Vereinigten Staaten] (1882), in: MEW Bd. 19, S. 308-308.
[9] Siehe insbesondere seine Werke Imperialism, London 1902, worin die Monopolisierung grundsätzlich konstatiert wurde, und The Evolution of modern capitalism. A study of machines production, London 1906, in welchem Hobson ausführlicher die Entwicklung von der industriellen Revolution bis zum internationalen Monopolisierungsprozess verdeutlichte.
[10] Die Zeit, 4.12.2003.

Leseprobe 3



Inhalt:

Vorwort (Leseprobe)

1. Kapitel
Die anwachsende geistige Kritik am Feudalismus beim Beginn der Neuzeit und die umwälzende Rolle der industriellen Revolution in England. Der Unabhängigkeitskampf der USA und die feudale Endkrise in Frankreich

Die geistige Kritik am Feudalismus
Die englische industrielle Revolution
Die Erlangung der Unabhängigkeit der USA
Frankreich am Vorabend der Revolution von 1789

2. Kapitel
Die große bürgerliche Revolution der Franzosen (1789-1795)

Die großbürgerlich-aristokratische Anfangsetappe der Revolution (Mai 1789-August 1792)
Der erste Widerhall der Revolution im Ausland
Die Girondisten an der Macht (August 1792-Juni 1793)
Die Etappe der Jakobiner (Juni 1793-Juli 1794)
Die abschließende vierte Revolutionsetappe (Juli 1794-1795)
Die welthistorische Bedeutung der Revolution von 1789

3. Kapitel
Die Napoleonische Ära, ihre Kriege und die nationalen Befreiungsbewegungen sowie die gleichzeitige Geschichte Englands, der USA und Lateinamerikas (1795-1814)

Frankreich unter dem Direktorium
Errichtung und Festigung der napoleonischen Selbstherrschaft
Die napoleonischen Kriege und ihre zuerst progressive Rolle
Die napoleonischen Raubkriege und der Widerstand gegen sie
England, Hauptrivale des nachrevolutionären Frankreichs, am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Das Ringen um die Konsolidierung der USA
Der revolutionäre Unabhängigkeitskampf Lateinamerikas

4. Kapitel
Europa vom Wiener Kongress bis zur Julirevolution (1814-1830)

Der Wiener Kongress (1814-1815)
Russland und Österreich – die Hauptzentren feudaler Reaktion
Zur Geschichte der entwickelten europäischen Staaten und der nationalen Unabhängigkeitsbewegungen
Die größtenteils revolutionären Vorgänge in Spanien, Italien und Griechenland

5. Kapitel
Die französische Julirevolution von 1830 und ihr internationaler Widerhall

Die bürgerlich-demokratische Revolution von 1830 in Frankreich
Die europäische Ausstrahlung der Julirevolution

6. Kapitel
Die fundamentalen Fortschritte der industriellen Revolution

7. Kapitel
Zur Politik der bürgerlich umgewandelten bzw. sich verändernden Länder (1830-1848)

Der politische Kurs der stärker entwickelten Länder
Zur Politik der schwächer entwickelten Länder

8. Kapitel
Der Liberalismus sowie die zunehmenden Varianten der bürgerlichen Weltanschauungen vor 1848

Der Liberalismus in seiner Blütezeit
Die sich mehrenden Spielarten bürgerlicher Weltanschauungen

9. Kapitel
Abriss der außenpolitischen Beziehungen von 1830 bis 1848

Zu den außenpolitischen Beziehungen der europäischen Großmächte
Das Ende der britischen Eroberung Indiens und der Beginn der Kolonisierung Chinas

10. Kapitel
Die Arbeiterklasse und ihre frühproletarischen Bestrebungen. Von den Utopien zum Marxismus

Die Arbeiterklasse und ihre Lage
Die erste Stufe der Arbeiterbewegung und die Utopien
Der Arbeitersozialismus und -kommunismus sowie der Chartismus
Der Marxismus und das "Kommunistische Manifest"

11. Kapitel
Die europäischen Revolutionen von 1848

Die Erfolge beim Debüt der Revolutionen
Die Revolutionen in der Anfangsphase
Der Rücklauf der meisten Revolutionen
Zur Haltung der europäischen Großmächte den Revolutionen gegenüber
Bilanz der europäischen Revolutionen

12. Kapitel
Die lateinamerikanische Entwicklung im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts

13. Kapitel
China, Japan und das übrige Asien; Australien und der pazifische Raum

Das spätfeudale China und der erste Opiumkrieg
Japan und die Endkrise des Absolutismus
Das übrige Asien, Australien und der pazifische Raum

14. Kapitel
Die voranschreitende Industrialisierung in Europa und Nordamerika und Ausbildung der kapitalistischen Weltwirtschaft

Die immer allgemeinere Industrialisierung – Folge einer Entwicklung in die Breite und einer stimulierenden Konkurrenz. Der Krimkrieg
Die enorme Steigerung der Investitionen
Die gezielte Zunahme staatlicher Industrieförderung
Die massierte Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse

15. Kapitel
Die Entwicklung der europäischen bürgerlichen Staaten, ihr zunehmend einheitlicher und auch mannigfaltiger gesellschaftlicher Charakter (1850-1870)

Das "goldene" Zeitalter Englands
Das zweite französische Kaiserreich
Die europäischen Länder unter vorherrschendem französischem oder englischem Einfluss
Österreich und sein Einflussgebiet
Italien
Die Apenninenstaaten und Russland

16. Kapitel
Nordamerika von 1850 bis 1870

Die Sklavenfrage und der Bürgerkrieg (1861-1865) in den USA
Kanadas Entwicklung zum Dominion

17. Kapitel
Lateinamerika und sein Verbleiben im Rückstand

18. Kapitel
Asien und Australien und ihre weitere Einbeziehung in die kapitalistische Welt

19. Kapitel
Afrikas fortschreitende und abschließende Kolonisierung

20. Kapitel
Entwicklungsstand und Fortschritte der Arbeiterbewegung (1850-1870)

Die Arbeiterbewegung in der Zeit vorwiegender Reaktion
Die Gründung der I. Internationale und der Aufschwung der Arbeiterbewegung

Nachwort (Leseprobe)

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