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Elmar Altvater / Nicola Sekler (Hrsg.)

Solidarische Ökonomie

Reader des Wissenschaftlichen Beirats von Attac

168 Seiten | 2006 | EUR 14.80
ISBN 3-89965-170-7

 

Kurztext: "'Eine andere Welt ist möglich!' Das ist die selbstbewusst-trotzige Parole der globalisierungskritischen Bewegung weltweit. Aber gibt es auch Anzeichen dafür, dass die mögliche Welt Wirklichkeit wird?


Wir sind Zeugen, wie immer mehr Lebens- und Arbeitsbereiche der Marktlogik und Profitmaximierung ausgesetzt werden, dass die Individualisierung unseres Lebensumfeldes zunimmt und unser Alltag von 'Sachzwängen' beherrscht wird, die uns als unverrückbar und naturgegeben eingeredet werden... Der Begriff der Solidarität ist in die Geschichtsbücher der Arbeiterbewegung verbannt...

Doch entwickeln sich weltweit alternative Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensformen, die den widrigen ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen ein selbstbestimmtes und solidarisches Miteinander entgegenstellen. Selbstverwaltete Betriebe, Betriebsbesetzungen, Genossenschaften, landwirtschaftliche Direktvermarktung, Wohnprojekte, Tauschringe oder fairer Handel sind nur einige Beispiele. Sie alle zeigen, dass Wirtschaften solidarisch – und ohne dem Profitprinzip gehorchen zu müssen ('non-profit') – gestaltet werden kann.

Der vorliegende Reader, der im Auftrag des wissenschaftlichen Beirats von Attac-Deutschland herausgegeben wird, will erstens den Wegzeichen in Richtung einer 'anderen Welt' folgen und über die Vielfalt des solidarischen Wirtschaftens in unterschiedlichen Ländern und Weltregionen berichten. Es werden konkrete Alternativen zum herrschenden Neoliberalismus mit unterschiedlicher Form und Reichweite exemplarisch vorgestellt. Zweitens sollen die Diskussionen um solidarisches Wirtschaften wissenschaftlich reflektiert und untermauert werden."

(Aus dem Vorwort der HerausgeberInnen)

Die HerausgeberInnen:
Elmar Altvater war Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac. Nicola Sekler, MA in Global Political Economy, Universität Kassel, koordiniert den wissenschaftlichen Beirat von Attac und arbeitet an einer Dissertation zu den Strategien progressiver Kräfte und der Rolle von Intellektuellen in Lateinamerika.

Leseprobe 1

Vorwort

"Eine andere Welt ist möglich!" Das ist die selbstbewusst-trotzige Parole der globalisierungskritischen Bewegung weltweit. Aber gibt es auch Anzeichen dafür, dass die mögliche Welt Wirklichkeit wird? Wir sind Zeugen, wie immer mehr Lebens- und Arbeitsbereiche der Marktlogik und Profitmaximierung ausgesetzt werden, dass die Individualisierung unseres Lebensumfeldes zunimmt und unser Alltag von "Sachzwängen" beherrscht wird, die uns als unverrückbar und naturgegeben eingeredet werden. Dies gilt vor allem für die herrschende Lehre der Ökonomie und für die Rechtfertigung einer Wirtschaftspolitik, die hohe Arbeitslosigkeit, das Abrutschen von immer mehr Menschen in die Armut und eine Umweltkrise in Kauf nimmt, die das Lebens der zukünftigen Generationen bedroht – auch in den "reichen", hoch entwickelten Industriegesellschaften. Der Begriff der Solidarität ist in die Geschichtsbücher der Arbeiterbewegung verbannt. Er kommt nur noch in Sonntagsreden vor, und nicht selten wird er pervertiert: Solidarität gilt dem Standort Deutschland, und solidarisch ist folglich die Akzeptanz von Sozial- und Arbeitsplatzabbau. Doch entwickeln sich weltweit alternative Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensformen, die den widrigen ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen ein selbstbestimmtes und solidarisches Miteinander entgegenstellen. Selbstverwaltete Betriebe, Betriebsbesetzungen, Genossenschaften, landwirtschaftliche Direktvermarktung, Wohnprojekte, Tauschringe oder fairer Handel sind nur einige Beispiele. Sie alle zeigen, dass Wirtschaften solidarisch – und ohne dem Profitprinzip gehorchen zu müssen ("non-profit") – gestaltet werden kann. Der vorliegende Reader, der im Auftrag des wissenschaftlichen Beirats von Attac-Deutschland herausgegeben wird, will erstens den Wegzeichen in Richtung einer "anderen Welt" folgen und über die Vielfalt des solidarischen Wirtschaftens in unterschiedlichen Ländern und Weltregionen berichten. Es werden konkrete Alternativen zum herrschenden Neoliberalismus mit unterschiedlicher Form und Reichweite exemplarisch vorgestellt. Zweitens sollen die Diskussionen um solidarisches Wirtschaften wissenschaftlich reflektiert und untermauert werden, um – aufbauend auf diesen Analysen – Perspektiven für eine "andere Welt" auch hierzulande entwickeln zu können. Es muss der historische, politische, kulturelle und ökonomische Kontext der Projekte der Solidarischen Ökonomie berücksichtigt werden. Das Wechselverhältnis von alternativen und herrschenden Wirtschaftsweisen ist ebenso zu beachten wie die stets drohende Gefahr, dass alternative Projekte eher prekäre als emanzipatorische Arbeitsplätze bieten. Auch spielt das Verhältnis von solidarischen Initiativen zum Staat oder zu staatlichen Institutionen eine wichtige Rolle, und umgekehrt ist die staatliche Politik gegenüber solidarischer Wirtschaft für deren Perspektive bedeutsam, wenn nicht ausschlaggebend. Nicht zuletzt ist kritisch zu reflektieren, inwieweit Ansätze Solidarischer Ökonomie systemstabilisierende Komponenten enthalten und wie sie sich von anti–emanzipatorischen Bewegungen abgrenzen kann. Es geht also auch um die Reflexion des "transformatorischen Potenzials" der Solidarischen Ökonomie. Wir bedanken uns bei allen Autorinnen und Autoren, die sich mit ihren Beiträgen an der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Themas "Solidarische Ökonomie" beteiligt haben, und insbesondere für die Geduld, mit der sie – immer unter Termindruck – auf unsere Änderungswünsche eingegangen sind. Auch Gerd Siebecke vom VSA-Verlag sind wir zu Dank verpflichtet für die hervorragende Kooperation bei der Publikation. Zu einer vertieften Diskussion der grundlegenden Ideen, Probleme und Perspektiven Solidarischer Ökonomie sowie zu einem verstärkten Austausch zwischen solidarischen Projekten, neuen sozialen Bewegungen und einer sozial engagierten kritischen Wissenschaft soll auch der von der Bewegungsakademie initiierte Kongress "Wie Wollen Wir Wirtschaften? Solidarische Ökonomie im globalisierten Kapitalismus" beitragen, der im November 2006 in Berlin stattfindet (www.solidarische-oekonomie.de). Wir hoffen, mit diesem Reader die Diskussion um eine andere, Solidarische Ökonomie und Gesellschaft, um eine andere Globalisierung als die der großen Konzerne, Fonds und Banken vorwärts zu bringen und zu den Auseinandersetzungen um die langfristigen Perspektiven einer gerechten, demokratischen, nachhaltigen – und das heißt auch immer: solidarischen – Gesellschaft und ihrer ökonomischen Reproduktion einen Beitrag zu leisten. Berlin und München, im August 2006
Elmar Altvater und Nicola Sekler

Leseprobe 2

Elmar Altvater
Solidarisches Wirtschaften: prekär oder emanzipativ? Erst angesichts der Schwierigkeiten, Alternativen zur Dominanz der kapitalistischen Marktwirtschaft zu denken und zu praktizieren, kommt zu Bewusstsein, was das "Tina-Wort" von Margret Thatcher ("There is no alternative") nämlich auch bedeutet: die angeblich alternativlosen neoliberalen Politik- und Gesellschaftskonzepte so weit wie irgend möglich unumkehrbar zu machen. Dem Tina-Wort folgen also Tina-Taten. Neben der gezielten Blockade von Alternativen heißt dies insbesondere die Errichtung von Sachzwängen, an denen alternative Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik und Versuche des Ausscherens aus der Logik des Marktes scheitern sollen. Die mit neoliberaler Ideologie verbrämte Abwehr von Alternativen wird durch eine Politik der Unwiderruflichkeit der neoliberalen Reformen, durch einen "Lock-in-Effekt" verstärkt. Dies ist durchaus absichtsvoll geschehen – und in vielen Fällen auch aus Opportunismus, als Tribut an den neoliberalen Zeitgeist und in Anpassung an die globalen Rahmenbedingungen des politischen Handelns, die unverrückbar scheinen. Der "Lock-in-Effekt" ist erst vollkommen, wenn den Menschen Alternativen zum privaten Eigentum, dem individualistischen und instrumentell-rationalen Umgang damit und zur Abstimmung der individuellen Wahlakte mittels des Marktmechanismus schon gar nicht mehr einfallen oder wie überflüssige Flausen aus dem Kopf getrieben werden. Dabei spielt der Mainstream der ökonomischen Theorie eine besonders triste Rolle der vollmundigen und gleichzeitig so hohlen Rechtfertigung der Sachzwänge. Utopisches Denken, das für die Entwicklung von Alternativen unverzichtbar ist (vgl. dazu auch Wolfgang Nitsch in diesem Band), wird abgewürgt, wenn die Rahmenbedingungen des Handelns wie die ehemalige Berliner Mauer und heute vielleicht die israelische Mauer unüberwindbar scheinen. Daher ist es bemerkenswert, dass die Diskussion von alternativen Formen der Vergesellschaftung seit geraumer Zeit dennoch wieder in Gang gekommen ist, obwohl sie viele Jahre von der Tina-Rede und vom Rauschen der Globalisierungsdebatte überlagert war, und trotz des Scheiterns von Selbstverwaltungsexperimenten wie z.B. im ehemaligen Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg (vgl. dazu Gabriele Herbert). Viele der Alternativen sind nicht mehr nur Theorie und utopisches Denken, sondern praktische Versuche solidarischer Gestaltung von Arbeit und Leben. Viele Menschen in vielen Weltregionen wollen etwas anderes als von den herrschenden Eliten mit Tina abgespeist zu werden. Sie setzen auf Solidarität und gehen auf die praktische Suche nach den Alternativen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Attac und die im Weltsozialforum zusammengefassten Bewegungen haben von Anbeginn gegen den Geschichtsfatalismus der Alternativlosigkeit die optimistische und trotzige Parole gesetzt: "Eine andere Welt ist möglich." Wie könnte diese aussehen, wenn sie auf anderen Prinzipien baut als die kapitalistische Marktgesellschaft? Auf diese Frage versucht dieser Band eine Antwort zu geben. Zumeist handelt es sich bei den Alternativen einer Solidarischen Ökonomie um kleine Ansätze und Projekte, die im Vergleich zu den globalen Großkonzernen und zu den tagtäglich auf globalen Finanzmärkten bewegten 2000 Milliarden US-Dollar klitzeklein sind, so klein, dass selbst das Wort von Ernst Schuhmacher "small is beautiful" wie Hohn klingt. Doch wenn wir die Beschäftigungswirkung der kleinen Projekte betrachten, können sie mit den Großen der Ökonomie leicht mithalten. Während nämlich unter dem Druck der globalen Konkurrenz hohe Renditen produziert und gleichzeitig viele Arbeitsplätze vernichtet werden, ja unter den Managern des möglichst hohen "Shareholder-value" für die Aktionäre der großen börsennotierten Unternehmen geradezu ein Wettbewerb um die Zahl der vernichteten Arbeitsplätze ausgebrochen zu sein scheint, entstehen neue Arbeitsplätze fast nur noch im "dritten" Sektor der informellen und der Solidarischen Ökonomie. Die Arbeitsverhältnisse der Informalität sind jedoch sehr häufig prekär und keine wirklich wünschens- und empfehlenswerte Alternative. Das Tina-Wort ist also eine Infamie, weil gerade die angebliche Alternativlosigkeit des neoliberalen Kapitalismus die Menschen in die schlechtesten Jobs außerhalb der formellen Ökonomie abdrängt und ihre Existenz so prekär macht, dass weder emanzipatorische Bedürfnisse entstehen noch ein Leben in Würde möglich wäre. Man lese Rohinton Mistrys "Das Gleichgewicht der Welt", um einen Eindruck von der Prekarität der Lebensverhältnisse von Wanderarbeitern in Indien zu bekommen. Man verfolge die Tagespresse in Deutschland, um eine steigende Zahl von Berichten über "working poor" zu bekommen, Menschen also, die trotz hoher Qualifikation und intensiver Arbeit nicht mehr genug verdienen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ihre Kinder angemessen ernähren und kleiden zu können. In der Solidarischen Ökonomie entsteht demgegenüber etwas Neues, teilweise indem an alten genossenschaftlichen Erfahrungen angeknüpft wird, um aus der Perspektiv- und Trostlosigkeit einer Welt ohne Alternativen herausfinden zu können. Diese Ambivalenz hat die Formulierung des Titels dieser Einleitung beeinflusst: Solidarisches Wirtschaften – prekär oder emanzipativ? Sachzwänge durch Privatisierung Besonders wichtig aber ist, dass überhaupt in einer Welt der Sachzwänge soziale Bewegungen in allen Regionen dieser Welt für Alternativen zu Arbeitslosigkeit und Finanzspekulation, zu Armut und Gewalt, zu ökologischer Zerstörung und McDonaldisierung des Globus streiten. Das Ende der Geschichte ist also keineswegs erreicht, und die "beste aller möglichen Welten" war niemals mehr als eine durchsichtige Aufforderung, sich mit den Zuständen der Welt abzufinden. Die "Sachzwänge" sind anders als Naturgesetze, die zu befolgen sind, wenn man sie nutzen möchte, sie sind eine selbst erzeugte Zwangsjacke. Wenn zugleich Steuersenkungen im Steuerwettbewerb der "Standorte" und "Finanzplätze" vorgenommen, obendrein eine Höchstmarge der öffentlichen Neu-Verschuldung (Maastricht-Kriterien) bei einem bereits hohen öffentlichen Schuldenstand festgelegt und dann noch Finanzmärkte liberalisiert werden, ist der Spielraum für wirtschaftspolitische Gestaltung äußerst gering. Folge dieser Maßnahmen sind unweigerlich steigende Zinsen, die die öffentlichen Haushalte weiter belasten und daher den finanziellen Spielraum der öffentlichen Hand zusätzlich einengen. Die Schulden der öffentlichen Hand sind auf der anderen Seite Geldvermögen der Privaten und garantieren so einen ständigen Zahlungsstrom vom öffentlichen zum privaten Sektor, und mit "privatem Sektor" sind in allererster Linie die Geldvermögensbesitzer gemeint. Dieser monetäre Strom wird nicht durch Steuern auf Einkommen und Vermögen der Reichen zum Fließen gebracht, sondern vor allem durch die Steuern auf die Einkommen der wenig mobilen Produktionsfaktoren, die Bezieher von Lohn- und Gehaltseinkommen, durch die Kürzung von Sozialausgaben, die Neuverschuldung des Staates und im vergangenen Jahrzehnt durch die weitere Privatisierung staatlicher Unternehmen und öffentlicher Güter. Dass private Unternehmen Profite erzielen müssen, ist einsehbar, wenn man die Logik des kapitalistischen Systems unterstellt. Dass die Höhe der Profitrate an der Rendite auf globalen Finanzmärkten gemessen wird, und dass die Tendenz des Ausgleichs zur Durchschnittsprofitrate nicht zu deren Senkung, sondern wegen der Konkurrenz der Finanzplätze um die attraktivsten Konditionen für Finanzanleger zu deren Anstieg führt, ist in Zeiten der Globalisierung und Deregulierung unvermeidlich. Dass aber öffentliche Institutionen nach einem eben solchen Prinzip operieren sollen und müssen, ist kein Naturgesetz, sondern politisch gesetzter Sachzwang – und zugleich ein großer Fehler. Dieser verdankt sich einem weit verbreiteten Denkmuster, in dem nur betriebswirtschaftliche Rationalitätskriterien und keine gesamtwirtschaftlichen Maßstäbe für die Politik der öffentlichen Institutionen zählen. Die positiven "externen Effekte" öffentlicher Güter und Dienste finden keine Beachtung im betriebswirtschaftlichen Effizienzkalkül. Die "neoliberale Konterrevolution" ist nicht nur ein kecker Spruch des Milton Friedman aus den frühen 1960er Jahren (Friedman 1962), sondern seit Mitte der 1970er Jahre bitterer Ernst. Es kommt noch hinzu, dass mit der durchgängigen Privatisierung die Erfolgskriterien des Wirtschaftens vereinseitigt werden. Es zählt nur noch die Rendite. Qualität und Sicherheit von Arbeitsplätzen, Entlohnung, Gestaltung von Arbeitsplatz und Betrieb sind diesem übergreifenden Kriterium untergeordnet. Dies ist in der genossenschaftlich organisierten Solidarischen Ökonomie anders, nicht zuletzt deshalb, weil das genossenschaftlich gebundene Kapital weniger mobil ist und daher leichter gegenüber den Effizienzkriterien globaler Finanzmärkte abgeschirmt werden kann (vgl. dazu Gabriele Herbert). Die Bildung der Zinsen ist im Zuge der Liberalisierung der Finanzmärkte mehr und mehr "den Märkten" überantwortet worden. Die Notenbanken vollziehen mit ihren Zinsentscheidungen (Festlegung des Diskontsatzes) nur nach, was "die Märkte", also große international operierende Banken und diverse Fonds, bereits antizipiert haben. Sie können eine Politik der Zinssenkung, wie sie von Keynes nach der großen Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren zur Anregung von Investitionen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen gefordert und als wirtschaftspolitisches Projekt konzipiert worden ist, nicht umsetzen (Keynes 1936). Daher tendiert das globale Zinsniveau nach oben; seit Ende der 1970er Jahre liegen die realen Zinsen oberhalb der realen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (vgl. Enquete-Kommission 2002; Altvater 2004). Das ist ein wirkungsvoller Hebel der Umverteilung vom öffentlichen zum privaten Sektor, so lange bis die Bedienung der Schulden zum Problem wird und die Schuldentilgung scheinbar nur noch durch die Privatisierung öffentlicher Unternehmen und öffentlicher Güter zu erreichen ist. In einer Studie des IWF zur Privatisierung seit 1980 wird resümiert, dass für jeden Dollar Schulden der Entwicklungsländer gegenüber dem IWF öffentliches Eigentum in der Größenordnung von 50 Cents privatisiert worden ist. Das beläuft sich von 1984 bis 1999 auf einen Gesamtbetrag von 1.101,6 Mrd. US$ an Privatisierungseinnahmen, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt der Entwicklungsländer von 1985 fast 10% ausmachen (Brune/Garrett/Kogut 2004). Durch die Privatisierung öffentlicher Güter wird alles verändert. Nicht nur, dass Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Rechten nun nur noch als Konsumentinnen und Konsumenten mit Kaufkraft zählen. Sie haben nichts mehr mitzubestimmen, und das oberste Ziel des Managements privatisierter Unternehmen ist höchstmöglicher Profit und nach einem "Börsengang" ein hoher Shareholder value, ein gesteigerter Unternehmenswert. Dass sich Qualität und Verlässlichkeit der Versorgung für die Nutzer verbessern, ist nur in seltenen Fällen gewährleistet. Die private Wasserversorgung in Johannesburg in Südafrika, in Djakarta in Indonesien, in El Alto oder Cochabamba in Bolivien, in Manaús in Brasilien oder in Großbritannien kommt die Nutzer teurer, die Qualität ist fast immer gering und die Zuverlässigkeit der Versorgung und Entsorgung der Abwässer ist zweifelhaft. Für die Beschäftigten sind die Folgen der Privatisierung in aller Regel negativ. Arbeitsplätze gehen verloren, die Löhne und Gehälter werden abgesenkt, die Arbeitszeiten häufig verlängert (zu Deutschland vgl. Rügemer 2006). Die Privatisierungen öffentlicher Unternehmen, öffentlicher Güter und Dienstleistungen sowie kommunaler Wohnungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden auch mit der Versicherung verknüpft, dass sie genutzt werden könnten, um öffentliche Schulden abzubauen und Mittel für andere "Zukunftsaufgaben" frei zu bekommen. So denken allerdings nur jene (darunter viele Grüne und manche PDS-Abgeordnete), die Betriebswirtschaft bei schlechten Betriebswirten studiert und sich niemals die Mühe gemacht haben, volkswirtschaftliche Kreisläufe zu verstehen. Die Privatisierungserlöse der Kommune stammen von Fonds, die sich beispielsweise ins Dresdner Wohnungseigentum einkaufen. Sie werden von öffentlichen Instanzen sofort an Banken und Fonds weiter gereicht, um öffentliche Schulden zu tilgen. Wenn es sich um die gleichen Fonds handeln würde, wäre es zu einem Vermögenstausch gekommen: Anstelle von finanziellen Forderungen gegenüber der Kommune hat der Fonds als Eigentümer der ehemals kommunalen Wohnungen Forderungen an die Mieter der privatisierten Wohnungen. Statt Zinserträgen erhält er jetzt also Mieteinkünfte. Die müssen natürlich mindestens so hoch sein wie die Zinserträge auf Kapitalmärkten, und sie müssen auch Zinseszinsen bringen. Das geht nur durch Mieterhöhungen oder auf dem Wege der Anlage der Zinserträge in öffentlichen und privaten Schuldverschreibungen. Es ist kaum anzunehmen, dass der Fonds Wohnungen baut, denn wegen des steigenden Wohnungsangebots könnten ja die Mieten gesenkt werden. Daher ist es wahrscheinlich, dass mit den Erträgen erneut ehemals öffentliches Wohneigentum aufgekauft wird oder den Fonds neue Finanzinstrumente angeboten werden, die es ermöglichen, Immobilienbesitz zu verbriefen und auf internationalen Börsen zu handeln und die Erträge nicht im Land, wo die Immobilie situiert ist, zu versteuern, sondern dort, wo die Steuersätze besonders niedrig sind. Durch Privatisierung ist also schwerlich ein Ausweg aus der Finanzkrise zu finden. Aber sie hat einen wichtigen Effekt: Alternativen werden blockiert, weil der Staat einen großen Teil seiner Interventionsfähigkeit verliert, die es ihm z.B. erlaubt, Wohnungen für sozial schwache Bürger bereit zu halten. Viele erleben es ganz praktisch: Privatisierungen sind eine global geführte Kampagne der Enteignung. Die Energie- und Wasserversorgung wird teurer und manchmal obendrein schlechter. Man muss im Alltagsleben darauf achten, "pay-cards" für den water-meter im "prepaid-capitalism" zu kaufen, um nicht von der Wasserversorgung abgeknipst zu werden, wie in Johannesburg, Südafrika. Die Antwort sozialer Bewegungen ist die soziale Auseinandersetzung für die Wiederaneignung des Enteigneten. Das ist Hintergrund von Land- und Fabrikbesetzungen, von der Nationalisierung nationaler Ressourcen (wie des Erdöls und Erdgases in Bolivien), der Inbesitznahme leer stehender Gebäude, um daraus einen öffentlichen Raum für alle zu machen. Dabei entstehen solidarische Formen des Arbeitens und Lebens (vgl. Margot Geiger zum argentinischen Beispiel), immer gefährdet, häufig prekär, aber im Selbstbewusstsein des Neuen, das nur so geschaffen werden kann. Alternative Wirtschaftspolitik und internationale Staatlichkeit Makroökonomische Alternativen können nur durch einen aktiven Staat realisiert werden. Das gilt für alle neo- bis links-keynesianischen Konzepte alternativer Wirtschaftspolitik, die eine aktive Fiskal-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik verlangen, um Arbeitsplätze zu schaffen und sozialen Ausgleich zu stärken (vgl. beispielsweise Memorandum 2006). Makroökonomische Alternativen setzen den Rahmen für die eher mikro- und mesoökonomischen Projekte der Solidarischen Ökonomie, von Produktionsgenossenschaften zum Beispiel. Staatliche Wirtschaftspolitik ist also bedeutsam für eine solidarische Wirtschaft, bestehend aus Genossenschaften und anderen Formen der Alternativbetriebe. Beides gehört zusammen, man darf makroökonomische alternative Wirtschaftspolitik nicht gegen mikroökonomische Genossenschaften ausspielen – und umgekehrt. Dabei muss reflektiert werden, dass der Staat aufgrund der beschriebenen lock-in Effekte ein anderer ist als in den Jahrzehnten von Keynesianismus und Fordismus. Alternative Wirtschaftspolitik ist folglich so lange ein Katalog von Vorschlägen und Forderungen, wie sie nicht in eine Politik der Staatsreform eingebettet wird. Dabei kann man erstens nicht das Konzept vorgeben, man muss vielmehr bei den Erfahrungen alternativer Vergesellschaftung anknüpfen. Darüber hinaus ist zweitens die Staatlichkeit gerade als Folge der Privatisierung mehr und mehr globalisiert, und dies hat zur Folge, dass Alternativen nicht zu entwickeln sind, wenn nicht auch die sozialen Bewegungen global ausgreifen, sowohl im konzeptionellen Denken als auch in der politischen Praxis. Lokale Projekte Solidarischer Ökonomie, nationalstaatliche alternative Wirtschaftspolitik und globale Vernetzung gehören daher zusammen. Das wird sofort offensichtlich, wenn die Bedeutung der Finanzmärkte für die staatliche Wirtschaftspolitik ebenso wie für kleine Alternativprojekte in Betracht gezogen wird. Ohne eine globale Regulierung der Finanzmärkte wird es auf Dauer unmöglich sein, billigen Kredit zu mobilisieren, ohne den in einer Markt- und Geldwirtschaft (und darüber geht die Solidarische Ökonomie zunächst nicht hinaus) Wirtschaften schlicht unmöglich wird. Die Kluft zwischen alternativer Theorie und Praxis wird erst recht zum Problem, wenn davon gesprochen wird, dass "wir Planung brauchen", "sozialistische Planung im internationalen Maßstab" (Callinicos 2004, 130f.). Dass diese nur möglich ist, wenn die Eigentumsfrage gestellt wird, vermerkt Alex Callinicos, allerdings ohne genauer die möglichen Zwischenformen zwischen zentralisiertem Staatseigentum und Privateigentum zu benennen, auch ohne genauer auf die Erfahrungen der Selbstverwaltung in Jugoslawien einzugehen. Dieses Manko versucht Michael Albert (2006) zu vermeiden, indem er einen schwerer wiegenden Fehler begeht: nämlich Planung, marktmäßige Allokation, "Bioregionalismus" sowie genossenschaftliche Organisation von Produktion und Konsumtion als bloße Modelle zu präsentieren, so als ob diese aufgrund von Kriterien oder Prüfzeichen (Gerechtigkeit, Solidarität, Selbstbestimmung, Effizienz) wie in einem "Alternativen-Shop" ausgewählt werden könnten. Das ist in schlechtem Sinne idealistisch gedacht, weil den materiellen gesellschaftlichen Zwängen weder im theoretischen Ansatz noch im politischen Konzept angemessen Rechnung getragen wird. Das Ganze erhält daher den Charakter des Beliebigen, eines Spiels mit möglichen Welten, die aber anders als in Musils "Mann ohne Eigenschaften" nicht in der wirklichen Welt verborgen sind und auf die Freilegung der potenziellen als der anderen Wirklichkeit warten. Insbesondere wird überhaupt nicht beachtet, dass moderne Gesellschaften nicht nur Arbeitsgesellschaften sind und daher nicht nur die Arbeit alternativ im Produktionsprozess organisiert werden muss. Wenn man den Gesamtreproduktionsprozess betrachtet, sind Gesellschaften immer auch Geldgesellschaften. Mit der genossenschaftlich-partizipativen Gestaltung der Arbeit setzt sich Michael Albert intensiv auseinander. Auch zur Frage des Eigentums und der marktmäßigen bzw. nicht-marktmäßigen Allokation findet man Überlegungen, nicht aber zum Geld und seinen Funktionen als Zirkulations- und als Zahlungsmittel. Es ist überhaupt ein Mangel der Debatte über alternative Wirtschaftsgestaltung, dass in den seltensten Fällen der Versuch gemacht wird, das "Geldrätsel" zu lösen, ja noch nicht einmal zu sehen, dass es hier ein Rätsel zu knacken gilt – wie Marx bereits den Ökonomen seiner Zeit vorgeworfen hat (vgl. Das Kapital, Bd. 1, MEW 23: 62ff.). Es ist das Verdienst von Attac und der Sozialforumsbewegung, die Notwendigkeit einer Regulation von (globalen) Finanzmärkten ins Zentrum der Kampagnen gerückt zu haben. Eine Solidarische Ökonomie vor Ort ist ohne eine Regulation der globalen Finanzmärkte ebenso unmöglich wie eine makroökonomische Politik für Vollbeschäftigung auf nationaler oder europäischer Ebene. So stellt sich immer die Frage der Macht, und die sympathische Naivität der Formel, man könne die Welt verändern, ohne die Macht zu ergreifen (Holloway 2002), wird erkennbar. Das Prinzip Solidarität Soziale Bewegungen, die auf Alternativen zur kapitalistischen Marktgesellschaft zielen, emanzipieren sich aus den Handlungslogiken, die vom Markt vorgegeben werden. Gibt es mehrere Handlungslogiken, dann ist dies bereits ein Hinweis darauf, dass der historische Pessimismus vom Ende der Geschichte und von den Tina-Blockaden nicht gerechtfertigt ist. Tatsächlich erhellt bereits der Blick in die Geschichte des Wirtschaftens, wie unterschiedlich in verschiedenen Kulturen und Geschichtsepochen Ökonomie und Gesellschaft koordiniert wurden, wie facettenreich die Denk- und Handlungsmuster sind, die sich in den immer wiederkehrenden, zur Routine gewordenen Handlungen herausbilden. Es lässt sich auch zeigen, wie unterschiedlich der Umgang von Gesellschaften mit der Natur geregelt ist. Es existieren nicht nur das Privateigentum an Naturstücken und der privateigentümlich geregelte Zugang zu Ressourcen, wie neoliberale Ökonomen und grüne Konservative meinen. Es gibt auch nicht nur die Alternative der ausholenden Planung, möglicherweise im globalen Raum mit oder ohne Selbstverwaltung. In der Geschichte ist der Umgang mit der Natur, ist die Gestaltung des gesellschaftlichen Naturverhältnisses sehr häufig kommunal und gesellschaftlich partizipativ, genossenschaftlich geregelt worden, eben auf der Grundlage nicht von individuellen Interessen oder staatlich-zentraler Kompetenz, sondern auf dem weichen und zugleich stabilen und tragfähigen Grund von Solidarität (vgl. zusammenfassend: Burkett 2006: 302ff.). Erst im modernen Kapitalismus mit seinen globalen Institutionen und in Folge der globalen Vereinheitlichung, vorangetrieben von den internationalen Institutionen wie WTO und IWF, wird die Vielfalt von Handlungslogiken auf die Einfalt eines dominanten Musters, nämlich das des äquivalenten Tausches auf Märkten reduziert, theoretisch begründet innerhalb der pensée unique des Neoliberalismus und praktisch durchgesetzt innerhalb des Systems der Marktbeziehungen. Karl Polanyi (1978) hat diesen Prozess als "Entbettung" des Marktes aus der Gesellschaft analysiert. Fast in der ganzen vorkapitalistischen Menschheitsgeschichte waren die Märkte in die Gesellschaft eingebettet, also keineswegs verselbständigt. Heute geht es wieder um die Herstellung einer Priorität des Gesellschaftlichen gegenüber der kapitalistischen Marktwirtschaft und der sie dominierenden Handlungslogik.[1] Das Prinzip der Solidarität und Fairness ist den Prinzipien von Äquivalenz (und Reziprozität – vgl. Altvater 2006: 180ff.) entgegengerichtet, denn es geht vom gesellschaftlichen Kollektiv und nicht von Individuen und ihren marktvermittelten Beziehungen aus und kann nur in organisierter Form zur Geltung kommen. Auch wird keine hierarchische Regulation von Ökonomie und Gesellschaft von oben verlangt, im Gegenteil. Solidarität entsteht nur mit breiter Beteiligung von unten. Gemeinsame Anstrengungen zur Lösung eines gemeinsamen Problems sind gefragt. Jede(r) leistet einen solidarischen Beitrag nach seinen (bzw. ihren) Möglichkeiten, das heißt unter Bedingungen der Fairness. Solidarität setzt daher ein Bewusstsein von Gemeinsamkeit und innerer Verbundenheit in einer Gesellschaft voraus, die in einer gemeinsamen Lebenserfahrung begründet sein kann, um ein großes Problem, beispielsweise Arbeitslosigkeit, Armut oder Rechtlosigkeit, gemeinsam zu bewältigen. Die Solidarität geht also vom Kollektiv aus, und dieses entsteht vor einem gemeinsamen Erfahrungshintergrund, beruht also auch auf einem gemeinsamen, kollektiven Gedächtnis. Das kollektive Gedächtnis wiederum vermittelt ein gemeinsames Vorverständnis in politischen Auseinandersetzungen, ohne dass dieses, beispielsweise mit Hilfe von Schulungskursen in einer Partei, erst hergestellt werden müsste. Daraus entwickeln sich die Konflikte mit den Mächten des Marktes und insbesondere des Weltmarktes. Solche Konflikte haben immer eine politische Dimension. Denn in den meisten Fällen sind Basisbewegungen gezwungen, sich gegen Regierungen zu richten und in ihren Kämpfen Gegenmacht aufzubauen, indem Territorien, Land und Fabriken, Kohlenminen und Erdölfelder besetzt und genossenschaftlich selbstverwaltet und gleichzeitig Bündnisse mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und manchmal auch mit Teilen des Staatsapparats geschmiedet werden (vgl. dazu die Beiträge von Margot Geiger, Anne-Britt Arps/Raul Zelik, Miriam Boyer; zur Rolle des Staates für die Solidarische Ökonomie vgl. auch Bernhard Leubolt/Markus Auinger). Die Ansätze einer alternativen Solidarischen Ökonomie entwickeln sich gegen die dominanten neoliberalen Tendenzen der Unterwerfung der Gesellschaften unter die Gesetze des globalen Marktes. Dafür gibt es viele Beispiele in der heutigen Welt: Genossenschaften in Europa (vgl. die Beiträge von Burghard Flieger und Bernhard Leubolt/Markus Auinger in diesem Band), der dritte Non-Profit-Sektor in allen Industrieländern, der inzwischen mehr Arbeitsplätze aufweist als die traditionelle Industrie (vgl. Karl Birkhölzer in diesem Band; vgl. OECD 2003; Birkhölzer/Kistler/Mutz 2004), die Solidarische Ökonomie in vielen lateinamerikanischen Ländern (vgl. die Beiträge von Margot Geiger, Miriam Boyer, Clarita Müller-Plantenberg und Viviana Uriona) oder beispielsweise in Indien (vgl. Uwe Hoering), die Vereinigungen in den Favelas, den Shanty-Towns, den Barrios oder auf dem Lande, um das Überleben gemeinsam zu organisieren (vgl. Anne-Britt Arps/Raul Zelik in diesem Band) sowie die wohl organisierte Fair-trade-Bewegung mit ihren Partnern in den Produzenten- und Abnehmerländern der Produkte (vgl. den Beitrag von Simone Mayer). Diese Beispiele finden sich nicht nur in den Nischen des Weltmarktes als Alternativbetriebe. Es gibt Genossenschaften, die wie die baskische Mondragon mit zehntausenden von Mitgliedern außerordentlich wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt operieren. Und überhaupt geht es bei der genossenschaftlichen Produktion, Distribution und Konsumtion nicht nur um die statistischen Zahlen, sondern um das andere Prinzip von Beschäftigung und Versorgung im Vergleich zum Profitprinzip der kapitalistischen Ökonomie. Die Expansion des "Non-profit"-Sektors verweist darauf, dass die formelle Ökonomie mit ihren kapitalistischen Institutionen und Funktionsprinzipien nicht in der Lage ist, ausreichend viele Arbeitsplätze für alle, die Arbeit suchen, bereit zu stellen (dazu vgl. Clarita Müller-Plantenberg). Anstatt sich mit der "formellen" Arbeitslosigkeit abzufinden, entwickeln viele Menschen alternative Ansätze der Beschäftigung, in Genossenschaften, in "Alternativbetrieben". Wo die Arbeitslosigkeit sich strukturell festsetzt, haben Gewerkschaften nur geringe Chancen, Gegenmacht zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen zu entfalten. Dann sind die Genossenschaften und Selbsthilfegruppen und -einrichtungen oftmals eine prekäre und daher problematische, aber auch die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit (vgl. den Beitrag von Irmtraud Schlosser/Bodo Zeuner). Der "dritte Sektor" ist somit auch konzentrierter Ausdruck der Deformation des Kapitalismus mit der in allen Weltregionen zu verzeichnenden enormen Zunahme informeller und prekärer Arbeit und nicht unbedingt ein Indiz für den Zugewinn an Emanzipation. Zwar formell strukturiert, unabhängig und ohne auf Profit aus zu sein, stellt er ein Auffangbecken für jene dar, die Opfer der neoliberalen Reformen zur "Verschlankung" des Staates geworden sind. Der "dritte Sektor" ist also sowohl eine Folge des Abbaus von Arbeitsplätzen in der privaten, formellen Ökonomie als auch der Krise des Sozialstaats und der Schrumpfung des öffentlichen Sektors. Hier wird die ganze Komplexität einer alternativen Solidarischen Ökonomie deutlich. Wenn nur bestimmte ihrer Charakteristika realisiert werden, z.B. dass die Produktion nicht um des Profits willen ("non-profit") erfolgt, andere aber nicht, z.B. eine Entlohnung, die ein würdiges Leben ermöglicht, demokratische Partizipation an allen Entscheidungen in der Genossenschaft oder Gerechtigkeit, einschließlich der Geschlechtergerechtigkeit, dann entsteht keine solidarische, sondern eine prekäre Ökonomie, eine bittere Alternative zu den nicht vorhandenen formellen Jobs, aber keine freundliche Perspektive. Dies bedeutet, dass auch in der Solidarischen Ökonomie die Auseinandersetzungen um die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht aufhören. Folglich bedürfen gerade der informelle Sektor und die Solidarische Ökonomie der Organisierung. Gewerkschaften haben hier eine wichtige Aufgabe, die aber wie schon bei der Organisierung von Arbeitslosen viel Offenheit und große Anstrengungen verlangt. Was ist das Positive der Solidarischen Ökonomie? Verglichen mit der Macht der Transnationalen Konzerne und der Staatsmacht in der kapitalistischen Welt haben die vielfältigen und zahlreichen Ansätze solidarischen Wirtschaftens nicht viel Gewicht. Doch unterhöhlen die praktischen Alternativen den hermetischen Block des herrschenden Selbstverständnisses, knacken die scheinbare Unwiderruflichkeit der neoliberalen Ansätze auf und überwinden die "pensée unique", das Einfaltsdenken. Sie sind der lebendige Zweifel an der These vom Ende der Geschichte, an dem es "keine Alternativen" mehr gäbe. Die linken Regierungen in lateinamerikanischen Ländern sind auch von den sozioterritorialen Bewegungen, die sich durch Betriebs- und Landbesetzungen, solidarische Formen des Wirtschaftens soziales Terrain wieder aneignen, an die Macht gebracht worden. Die lokalen Projekte Solidarischer Ökonomie brauchen ein für sie günstiges soziales und politisches Umfeld. Sie benötigen die Unterstützung durch eine alternative makroökonomische Politik. Allerdings wird dies nur gelingen, wenn auch der globale Raum in die Strategien Solidarischer Ökonomie einbezogen wird, und zwar nicht nur mit dem Appell an internationale Solidarität oder globale soziale Gerechtigkeit, wie sie in den meisten linken Programmen oder Programmatiken der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit zu finden ist, sondern als konkrete Maßnahmen der Re-Regulierung von Handels- und Finanzströmen, der politischen Gestaltung zur Humanisierung der Migration. Denn sonst verwandeln sich große Weltregionen jenseits des "Limes", der die reichen Länder gegen die ärmeren Massen schützen soll, in einen Archipel des Elends (Rufin 1996). Es bleibt abzuwarten, ob die lateinamerikanischen Integrationsbestrebungen im Rahmen der von Venezuela und Kuba in Gang gesetzten "bolivarischen Alternative", in denen nicht nur der Bau von Pipelines, sondern auch eine Unterstützung alternativer, genossenschaftlicher Unternehmen (durch die Einrichtung von "Empresur") vorgesehen ist, erfolgreich sein werden. Solidarität und Nachhaltigkeit Die generelle Richtung der Alternativen ist also eindeutig zu bezeichnen, und sie ist gut begründet, zumal wenn auch die Gestaltung des gesellschaftlichen Naturverhältnisses in das Konzept der Solidarischen Ökonomie integriert wird (vgl. dazu Benjamin Schäfer/Martina Nölting in Bezug auf Ostdeutschland; Wolfgang Neef/Frank Becker im Hinblick auf alternative Techniken). Denn im gesellschaftlichen Naturverhältnis ist alles soziale Handeln verortet. Der Zustand der Natur wird nur dann nicht zum Schlechteren verändert, wenn durch soziales Handeln die Regenerations- und Tragfähigkeit der Natur nicht überlastet wird. Eine nachhaltige Gestaltung des gesellschaftlichen Naturverhältnisses wird nur gelingen können, wenn nicht nur die Wirtschafts- und Sozialpolitik umweltpolitisch ergänzt wird, sondern Arbeit und Leben, die Regulation von Handel und Finanzen auf globaler Ebene etc. transformiert werden. Dies ist Chance und Aufgabe der Solidarischen Ökonomie und wird besonders deutlich, wenn die Frage nach der Energieversorgung aufgeworfen wird. So wie der Übergang zu fossiler Energie vor mehr als 200 Jahren und insbesondere zum Öl vor etwa 100 Jahren alle Aspekte gesellschaftlicher Reproduktion veränderte, wird dies der spätestens in wenigen Jahrzehnten unvermeidliche Übergang zu erneuerbaren Energien ebenfalls verlangen (Altvater 2006). Wenn die fossilen Energieträger zur Neige gehen, kann nur ein erneuerbares Energieregime jenseits von fossilen und nuklearen Energieträgern weiterhelfen. Dem aber muss die soziale Formation des Kapitalismus angepasst werden, denn erneuerbare Energien können auch die kapitalistische Akkumulationsdynamik stützen. Das wäre der sichere Weg in die Katastrophe der Monokultur und des Kollapses der Evolution wegen des forcierten Übergangs in eine energetisch begründete Monokultur. Daraus ergibt sich die Wichtigkeit der Verbindung der Projekte der Solidarischen Ökonomie mit der Bewegung für die erneuerbaren Energieträger. Sie kommen nicht ohne einander aus. Und wenn sie zusammengefunden haben, sind sie eine große Kraft der gesellschaftlichen Veränderung.

Literatur
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Altvater, Elmar (2004): Inflationäre Deflation oder die Dominanz der globalen Finanzmärkte, in: Prokla, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Nr. 134.
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Thompson, Edward P. (1971): The Moral Economy of the English Crowd in the Eighteenth Century, in: "Past and Present", 50/1971, S. 76-136.

[1] Freilich darf dabei nicht übersehen werden, dass der Entbettungsprozess auch ein historischer Fortschritt der Zivilisierung ist. Darauf verweist Marx in seinen durchaus umstrittenen Korrespondenzen über die britische Kolonialherrschaft in Indien. Es sollte nämlich nicht vergessen werden, dass "diese idyllischen Dorfgemeinschaften, so harmlos sie auch aussehen mögen, seit jeher die feste Grundlage des orientalischen Despotismus gebildet haben, sie (beschränkten) den menschlichen Geist auf den denkbar engsten Gesichtskreis…, (machten) ihn zum gefügigen Werkzeug des Aberglaubens, zum unterwürfigen Sklaven traditioneller Regeln..." (Marx 1960: 133). Die Wiedereinbettung des Marktes in die Gesellschaft und die Überwindung der einfältigen Handlungslogik nach dem Äquivalenzprinzip darf also kein Weg zurück sein, sondern ein Weg der sozialen Emanzipation (vgl. zu modernen Alternativen in Indien den Beitrag von Uwe Hoering).

Leseprobe 3

Anne-Britt Arps/Raul Zelik
Mit, im und gegen den Staat – Kooperativen im Grenzgebiet von Kolumbien und Venezuela Wer den Kapitalismus nicht als "beste aller möglichen Welten" akzeptieren will, kommt um eine Diskussion über das Verhältnis von Solidarischer Ökonomie und Staat kaum herum. Das Ende marktförmiger Vergesellschaftung ist Grundlage für jedes sozialistische Projekt. Markt und Geld können jedoch nicht einfach abgeschafft werden, sondern müssen durch alternative Formen von Vergesellschaftung ersetzt werden. Die Verstaatlichung, die eine solche Substitution leisten sollte, ist in ihren verschiedenen realsozialistischen Varianten grandios gescheitert. Die Entscheidungskonzentration im Staatsapparat zog die Herausbildung neuer Eliten nach sich, was eine grundlegende Sozialisierung im Sinne einer allgemeinen gesellschaftlichen Verständigung über Arbeit, Verteilung und Produktion erneut blockierte. Der alternative Weg, nämlich der Aufbau kooperativer Lebensformen von unten, die sich im Rahmen eines Lern- und Aneignungsprozesses zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt ausbreiten, scheitert jedoch seit zwei Jahrhunderten konsequent an den Grenzen des Marktes. Der Zwang, sich in der "freien Konkurrenz" behaupten zu müssen, führt im besseren Fall zur Anpassung, im schlechteren zum ökonomischen Scheitern solidarischer Projekte. Um bestehen zu können, brauchen solidarwirtschaftliche Projekte politischen Schutz – auch in Form von staatlichen Förderprogrammen und Finanzierungen. Auf welch widersprüchliche Weise sich dabei die Beziehung zwischen Solidarischer Ökonomie und Staat entfalten kann, lässt sich heute vermutlich nirgends auf der Welt so komprimiert beobachten wie im kolumbianisch-venezolanischen Grenzgebiet. Venezuela: Viel Geld für die "Economía Popular" Der Bundestaat Barinas ist einer der Schwerpunkte der venezolanischen Landreform- und Genossenschaftsbewegung. In den "Llanos", den großen Ebenen im Süden des Landes, versucht die Regierung Chávez mit besonderem Nachdruck, eine Umverteilung des Bodens durchzusetzen. Letztlich geht es dabei nicht nur um mehr soziale Gerechtigkeit, sondern auch um die Schaffung einer produktiveren Wirtschaft. Die venezolanische Ökonomie wird nämlich seit bald einem Jahrhundert von den Erdöleinnahmen und der daraus resultierenden "holländischen Krankheit" geprägt. Durch die hohen Deviseneinnahmen ist der Bolívar tendenziell stets überwertet, was die im Inland hergestellten Produkte relativ verteuert. Folglich wird es billiger, Waren zu importieren als sie in Venezuela selbst herzustellen. Im landwirtschaftlichen Sektor hat diese ökonomische Deformierung (Unterentwicklung durch Reichtum) besonders absurde Blüten getrieben. Das südamerikanische Land, etwa dreimal so groß wie Deutschland, importiert trotz überaus fruchtbarer Böden 60 Prozent seiner Lebensmittel. Die existierende Landwirtschaft ist von extensiver Viehzucht geprägt. Für die Eigentümer der Rinderfarmen ist der Grundbesitz in erster Linie eine Form der spekulativen Bodeninvestition. Die Zerstörung der einheimischen Produktion ist also mit der Stärkung einer (politisch reaktionären) Landoligarchie einhergegangen. Vor diesem Hintergrund hat die Regierung Chávez lange vor den bekannteren Sozialprogrammen (wie "Barrio Adentro") die "Misión Vuelvan Caras" auf den Weg gebracht. Mit dem Programm sollte ursprünglich die Rückkehr aufs Land von in die Stadt abgewanderten Kleinbauern gefördert werden,[1] schon bald baute das "Ministerio de Economía Popular" die Mission jedoch zu einem umfassenden Ausbildungs- und Genossenschaftsprojekt aus. An die 200.000 Menschen sind im Rahmen des Programms bislang als Stipendiaten in Ausbildungsbetrieben unterrichtet worden. Nach dem Ende ihrer einjährigen Lehrzeit sollen sie sich als Genossenschaftler unabhängig machen und Kooperativen gründen. Dabei erhalten sie erneut Unterstützung – in Form von Landzuteilungen, Maschinen, Beratung und Krediten. Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren in Venezuela Tausende von Kooperativen gegründet worden, mit Hilfe derer die landwirtschaftliche Produktion, der Ölsektor, aber auch traditionelle Branchen wie die Textilindustrie umstrukturiert und wiederbelebt werden sollen. Es klingt nach einem vorbildlichen Modell: Ein Staat schöpft Ressourcen ab, die bislang in den Händen von Eliten konzentriert waren, und investiert sie in alternative Bildungs- und Entwicklungsprogramme. Gefördert werden v.a. die Slumbewohner, denen damit der Zugang zu selbstbestimmter, eigenverantwortlicher, solidarischer und produktiver Arbeit ermöglicht werden soll. Auf den ersten Blick könnte man glauben, dass sich hier jener "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" manifestiert, von dem die venezolanische Regierung so gern – meist aber auch etwas nebulös – redet. Das Anliegen mag richtig sein, die Umsetzung bleibt problematisch. Die großzügige Verteilung von öffentlichen Geldern heizt nämlich einen spezifischen Opportunismus neu an. Die venezolanische Gesellschaft hat in den vergangenen 50 Jahren vom Öl gelebt, die Bevölkerung, selbst die marginalisierten Slumbewohner, konzentrierten sich darauf, einen Teil des staatlichen Erdölkuchens zu ergattern. Die neuen Programme widersprechen dieser Logik nicht. Solange es keine funktionierenden politischen (Selbst-)Kontrollmechanismen von unten gibt, bekräftigen die Programme eine politische Kultur, in der der Staat in erster Linie als Instrument zur privaten Aneignung gesehen wird. Nicht verwunderlich ist da, dass – wie aus dem Landwirtschaftsministerium berichtet wird – Bauern nur deshalb Genossenschaften gründen, um von der Zuteilung von Landmaschinen zu profitieren und diese für einige Dutzend Kästen Bier an den benachbarten Großgrundbesitzer verkaufen zu können. Bei einem Besuch der Kooperativen in Südvenezuela wird deutlich, was für ein komplizierter Prozess der Aufbau kooperativer Wirtschafts- und Lebensformen ist. Zu beobachten ist etwa, dass von 100 Familien, die begeistert eine Kooperative gegründet haben, nach einem Jahr nur noch zehn übrig sind. Oder dass eine gut organisierte Genossenschaft zwar Land und infrastrukturelle Einrichtungen erhalten hat, doch wegen Korruptionsfällen im Staatsapparat auch nach einem Jahr die zugesagten Kredite für das Saatgut noch nicht ausgezahlt sind. Offensichtlich überlagern sich verschiedene Prozesse: Erstens ist selbstbestimmtes, kooperatives Arbeiten ein mühseliger Lernprozess mit zahlreichen Rückschlägen, bei dem Brüche und Neuanfänge unvermeidbar sind. Zweitens wird der venezolanische Staatsapparat selbst von gesellschaftlichen Kämpfen und Verwerfungen zwischen alten Eliten, Bauernbewegung, neuen Funktionären etc. durchzogen. So blockieren die aus früheren Jahren übernommenen Staatsbeamten die Umsetzung von Reformprogrammen, in anderen Fällen interessieren sich Regierungsfunktionäre in erster Linie dafür, eine eigene Klientel zu konsolidieren. Drittens entwickelt die venezolanische Regierung erneut eine Art "Tonnenideologie", wie sie für den Realsozialismus charakteristisch war, und konzentriert sich mehr auf quantitative als auf (schwer prüfbare) qualitative Prozesse. So wird mit den großen Finanzierungsprogrammen nicht in erster Linie der politisch fundierte, langsame Bildungsprozess von unten, sondern die schnelle, zwangsläufig labile Neugründung von Kooperativen gefördert. Viertens ist die politische Überhöhung von Präsident Chávez – einem Führer, der letztlich alle Entscheidungen in seinen Händen monopolisiert – einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Problemen und Krisen der Veränderung alles andere als zuträglich. Es gibt in Venezuela heute kein Forum, in dem die Schwierigkeiten des Transformationsprojekts ehrlich debattiert würden. Fünftens lässt sich die Tatsache, dass der venezolanische Staat als Ort privater Aneignung verstanden wird, perspektivisch nur durch eine radikale Demokratisierung aufbrechen, die den Apparat einer breiten gesellschaftlichen Kontrolle unterwirft. Diese direktdemokratische Revolution ist zwar Bestandteil von Chávez’ Programm, aber in der Praxis bislang kaum realisiert. Die Auflistung ließe sich fortsetzen. Kolumbien: Kooperativen im Widerstand Völlig anders stellt sich die Situation nur wenige Kilometer südlich, im kolumbianischen Grenzdepartment Arauca dar. Die Erdölregion ist ein bemerkenswertes Beispiel für den erfolgreichen Aufbau solidarischer Wirtschaftsformen. In dem Dreieck zwischen den Kleinstädten Saravena, Tame und Arauqita wurde der Alltag in den letzten Jahren – die Regierung Uribe tut seit 2002 alles, um das zu verändern – maßgeblich von Genossenschaften bestimmt. In Transport, Handel, Schulwesen, Gesundheitsversorgung, der öffentlichen Trinkwasserversorgung und Müllabfuhr – überall spielen selbstverwaltete Kooperativen eine Schlüsselrolle. Angebunden sind die Strukturen an starke soziale Bewegungen. 57 Kooperativen und Bauernzusammenschlüsse werden in dem ländlichen Department gezählt, 14 Gewerkschaften, eine regionale Jugendorganisation, zwei Indígena-Verbände, 570 Stadtteilkomitees. Zumindest bis zu Uribes Amtsantritt war auf diese Weise fast jeder Einwohner der Region Mitglied einer Genossenschaft oder sozialen Bewegung. Interessanterweise entwickelten sich all diese Strukturen innerhalb der Kriegsdynamik und zwar sowohl im Widerstand gegen den Staat als auch mit dessen punktueller Unterstützung. Um das zu verstehen, ist ein historischer Rückblick hilfreich. Die erste weiße Siedlungswelle erreichte Arauca in den 1950er Jahren. Bürgerkriegsflüchtlinge aus allen Teilen des Landes ließen sich in dem von Indigenen nur dünn besiedelten Gebiet nieder. Als Opfer systematischer Vertreibungen waren die Neuankömmlinge nicht nur politisiert, sondern tendierten auch zu solidarischen Lösungen anstehender Probleme. So gründeten Bauern und Händler schon bald erste Zusammenschlüsse, um den Vertrieb ihrer Produkte gemeinsam zu organisieren. Aus Furcht vor revolutionären Bewegungen bemühte sich der kolumbianische Staat, diese Selbsthilfeinitiativen in kontrollierte Strukturen zu überführen. Die Gründung von COAGROSARARE – heute der landwirtschaftliche Kooperativenverband der regionalen Kleinbauernorganisation – fand 1963 unter dem Dach der Agrarreformbehörde INCORA statt, die seit 1961 die Verteilung des Landes an Siedler regelte und Kleinkredite an Bauern vergab. Das Erstarken der sozialen Bewegungen veränderte die Lage in den 1970er und 1980er Jahren jedoch grundlegend. Die Unzufriedenheit der Bauern mit der Korruption in den Behörden wuchs und verschaffte sich in großen Protestmärschen Luft. In Arauca kulminierte die Bewegung in zwei großen "Paros Civicos", den "Bürgerstreiks" von 1972 und 1982, mit denen die Bevölkerung den Ausbau des Elektrizitäts- und Straßennetzes, die Einrichtung von Schulen und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung forderte. Im Kontext dieser Kämpfe setzten die Bauern auch die Unabhängigkeit des Verbandes COAGROSARARE vom Staat durch. Die Autonomie gestaltete sich zunächst schwierig. Die Behörden boykottierten den selbstverwalteten Verband, was die Schließung von Genossenschaftsläden, den Verkauf von Kooperativenvermögen und einen massiven Mitgliederschwund nach sich zog. Zudem begann Anfang der 1980er Jahre eine massive Repressionswelle gegen Aktivisten der Genossenschaftsbewegung. Parastaatliche Todesschwadronen verübten selektive Morde an Aktivisten, innerhalb von drei Jahren wurden 125 Mitglieder von COAGROSARARE erschossen. Dass sich die Genossenschaften dennoch erholten, ist einem Phänomen geschuldet, das in der Kolumbien-Länderkunde kaum untersucht wird – der Funktion der Guerilla als Gegenregierung. Um 1980 war in Arauca aus radikalisierten Bauerngruppen eine unabhängige bewaffnete Organisation entstanden, die sich als "Frente Domingo Laín" schließlich der ELN ("Ejército de Liberación Nacional") anschloss, der heute zweitgrößten kolumbianischen Guerilla. Die ELN propagierte den Aufbau von "Volksmacht" und förderte in diesem Zuge die Bildung paralleler Machtstrukturen. In der Folgezeit entwickelte sich in Arauca eine spezifische Form der Ko-Regierung zwischen sozialen Bewegungen, Staat und Guerilla. Die Genossenschaften trotzten dem Staat Sozial- und Förderprogramme ab. Ein beträchtlicher Teil der an die Departemental-Regierung gezahlten Erdölsteuer wurde tatsächlich zugunsten der Bevölkerung genutzt. Zudem sorgte die Bauernbewegung über die Unterstützung von Bürgermeister- und Gouverneurskandidaten auch dafür, dass sie über Ansprechpartner in der Politik verfügte. Die staatlichen Stellen ihrerseits reagierten, um die weitere Ausbreitung des Protests zu verhindern, mit Zugeständnissen, während sich die ELN schließlich als eine Art Korrektiv etablierte. Sie setzte in Arauca jene Landreform durch, die der Staat nicht zuwege brachte, kontrollierte politische Mandatsträger und zog korrupte Politiker zur Rechenschaft. Sogar Entwicklungspolitik betrieb die Guerillaorganisation. So wurde der Mannesmann-Konzern bei einer berühmten Schutzgelderpressung 1984 dazu verdonnert, im Fördergebiet Schulen und Krankenhäuser zu bauen. Und nicht zuletzt "investierte" die Guerilla auch in die Produktion. Sie überließ Kleinbauern Vieh, Maschinen und Land als Startkapital zur genossenschaftlichen Nutzung. Dabei ist das Auftreten der ELN nicht zu idealisieren. Sie verfolgte eigene strategische Interessen und stützte ihr Projekt wesentlich auf bewaffnete Autorität. Zudem haben die Auseinandersetzungen der ELN mit anderen Guerillaorganisationen – den venezolanischen FBL ("Fuerzas Bolivarianas de Liberación") und den kolumbianischen FARC ("Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia") – in den vergangenen Jahren auch die Genossenschaften stark belastet. Zunächst profitierten die Kooperativen der Region allerdings von dieser spezifischen Konstellation und konnten sich zudem zunutze machen, dass der Zentralstaat Genossenschaften ab 1986 insgesamt stärker förderte. Die Regierung von Virgilio Barco (1986-1990), die sich ansonsten v.a. durch eine neoliberale Öffnungspolitik auszeichnete, finanzierte im Rahmen einer sozialen Aufstandsbekämpfung Mikrounternehmen und Kooperativenprojekte in Konfliktgebieten. Die Genossenschaften in Arauca verweigerten sich dieser Politik nicht, sondern nahmen Kredite und Bildungsprogramme in Anspruch und konnten dadurch ihr Betätigungsfeld ausweiten. COAGROSARARE eröffnete Schulen des zweiten Bildungswegs für die Bauernbevölkerung, stellte technische Geräte und Medikamente bereit und organisierte die Vermarktung von Produkten. Es entstanden 40 Kooperativläden, eine Schokoladenfabrik, Schlachthöfe, Taxiunternehmen, eine Transportfirma, Gesundheitsstationen und, als Kronjuwel der Genossenschaftsbewegung von Arauca, das "kommunitäre" Unternehmen "Empresa Comunitaria de Acueducto y Alcantarillado de Saravena" (ECAAS). Den in den 1970er Jahren als selbstverwaltetes Projekt der Bevölkerung entstandenen Betrieb, der bis heute in der 40.000-Einwohnerstadt Saravena für Wasserzufuhr, Kanalisation und Müllabfuhr zuständig ist, kann man als "volkseigenen Betrieb" im eigentlichen Sinne bezeichnen. ECAAS ist weder privatwirtschaftlich noch kommunal organisiert. Die 28 Nachbarschaftskomitees der Stadt entsenden jeweils zwei Vertreter in den Aufsichtsrat des Unternehmens, der den Geschäftsbetrieb leitet und die Preise autorisiert. Auf diese Weise verfügt die Bevölkerung über eine demokratische Kontrolle des Betriebs. Das von ECAAS aufbereitete Trinkwasser gilt als qualitativ hochwertig, die Preise sind niedrig, ein Teil des Gewinns kommt sozialen Zwecken zugute, und trotzdem arbeitet das Unternehmen wirtschaftlich. Weil ECAAS mit etwas über 50 Angestellten einer der wichtigsten Arbeitergeber der Stadt ist, wird die gesamte Belegschaft – mit Ausnahme einiger Spezialisten, aber einschließlich des Präsidenten und des Schatzmeisters – alle zwei Jahre ausgetauscht. Auf diese Weise sollen möglichst viele Bewohner von einer festen Anstellung profitieren können, und die Grenze zwischen Konsumenten und Dienstleistern soll durchlässiger werden. Arauca ist mit diesen Modellen gut gefahren. Die Region verfügt über eine solide produktive Basis, es gibt im Unterschied zu anderen Departments in Kolumbien kaum Hunger. Doch genau der Erfolg dieser alternativen Entwicklung ist Privatinvestoren und der Regierung ein Dorn im Auge, stellt er doch das neoliberale Projekt grundsätzlich in Frage. Es ist auch in diesem Zusammenhang zu sehen, wenn die Uribe-Regierung unmittelbar nach ihrem Amtsantritt den Ausnahmezustand über die Region verhängte und die Genossenschaften als "Vorfeldorganisationen des Terrorismus" ins Visier nahm. Praktisch alle Funktionsträger von sozialen Bewegungen wurden verhaftet, drei führende Gewerkschafter im August 2004 von Militärs hingerichtet, mehr als 100 Menschen allein in der Kleinstadt Saravena von paramilitärischen Gruppen mit Rückendeckung der Armee (und wohl auch der in der Ortschaft stationierten US-Militärberater) erschossen. Von den etwas über 50 ECAAS-Angestellten starben mehr als zehn Menschen. Vor diesem Hintergrund ist völlig unklar, ob die Kooperativenbewegung von Arauca überleben können wird. Solidarökonomie: Mit, im und gegen den Staat Die beiden Fälle unterscheiden sich damit in zentralen Punkten: Die Kooperativen in Venezuela werden massiv "von oben" gefördert, was dazu führt, dass die Politisierungsprozesse der Bevölkerung mit dem Tempo der Genossenschaftsgründungen oft nicht Schritt halten können. In Kolumbien hingegen sind sie das Ergebnis der Konfrontation von Basisbewegungen mit dem Staat. In dieser Hinsicht scheinen die Strukturen oft stabiler, weil organischer gewachsen. In beiden Fällen spielt die finanzielle Unterstützung durch die Regierung oder andere Akteure eine wichtige Rolle. Ohne öffentliche Gelder (in beiden Ländern aus Erdöleinnahmen) wären die Projekte nicht überlebensfähig. Was Kolumbien angeht, ist diese Anbindung an regionale staatliche Strukturen überraschend – offensichtlich lassen sich soziale Zugeständnisse und Förderprogramme auch von rechten Regierungen erzwingen, wenn ein entsprechendes Kräfteverhältnis existiert bzw. diese sich Vorteile aus einer derartigen Einbindung erhofft. Wie die solidarwirtschaftlichen Strukturen sich allerdings weiter entwickeln werden und ob sie langfristig mehr sein können als eine weitere Eigentumsform im Kapitalismus, ist auf beiden Seiten der Grenze völlig unklar.

Literatur
Amnesty International (2004): Colombia. A Laboratory of War. Repression and Violence in Arauca, http://web.amnesty.org/library/pdf/AMR230042004ENGLISH/$File/AMR2300404.pdf, 14.01.2005.
COAGROSARARE (1995): " ... y el intento no fue en vano". Recuperación Colectiva de la Historia de la Cooperativa Agraria del Sarare COAGROSARARE, Arauca.
Rusbel Lara, José (2003): Informe de Derechos Humanos Arauca 2002. Herausgegeben von Humanidad Vigente, Bogotá.
Zelik, Raul (2004): Angriffsziel Kooperativen, in: WOZ, Februar 2004.
Zelik, Raul (2005): Kriegsgebiet Arauca, http://www.attac.de/saarbruecken/upload/arauca.mp3, 14.1.2005.

[1] Daher auch der Name des Programms: "Geht zurück, Leute".

Inhalt:

Vorwort der HerausgeberInnen (Leseprobe)
Elmar Altvater
Solidarisches Wirtschaften: prekär oder emanzipativ? (Leseprobe)
Gabriele Herbert
Die "unsichtbare Hand" in der Selbstverwaltung
Irmtraud Schlosser / Bodo Zeuner
Gewerkschaften, Genossenschaften und Solidarische Ökonomie
Bernhard Leubolt / Markus Auinger
Lokale Initiativen und staatliche Regulation
Die Bedeutung des Staates für die Solidarische Ökonomie
Burghard Flieger
Genossenschaften in Deutschland – Teil der Solidarischen Ökonomie?
Karl Birkhölzer
Soziale Unternehmen: Ausweg aus Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung?
Wolfgang Neef / Frank Becker
Technik gegen den ökonomischen Strich
Entstehung neuer ökonomischer Modelle im Zuge Gebrauchswert- und Nutzer-orientierter Technikentwicklung
Viviana Uriona
Moralische Ökonomie und solidarisches Wirtschaften in der argentinischen Gesellschaft
Margot Geiger
Betriebsbesetzungen in Argentinien
Miriam Boyer
Solidarische Vergesellschaftung indigener Gemeinden in Chiapas, Mexiko
Clarita Müller-Plantenberg
Solidarische Ökonomie in Brasilien
Anne-Britt Arps / Raul Zelik
Mit, im und gegen den Staat – Kooperativen im Grenzgebiet von Kolumbien und Venezuela (Leseprobe)
Uwe Hoering
Indien – Rückgewinnung der Autonomie
Benjamin Nölting / Martina Schäfer
Eine Alternative zum Aufbau Ost?
Solidarische Ökonomie und nachhaltiges Wirtschaften in Ostdeutschland
Simone Mayer
Solidarische Ökonomie nur lokal?
Fair Trade auf globaler Ebene
Wolfgang Nitsch
Das transformatorische Potenzial der Solidarischen Ökonomie
Autorinnen und Autoren

Autorenreferenz

Elmar Altvater, geb. 1938, Professor für Internationale Politische Ökonomie i.R., Ko-Autor (mit Birgit Mahnkopf) von "Grenzen der Globalisierung", 6. Aufl. 2004, "Globalisierung der Unsicherheit" und Autor von "Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen" (2005). Anne-Britt Arps ist Aktivistin der kolumbienkampagne berlin und studiert Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Markus Auinger ist Redaktionsmitglied des Journals für Entwicklungspolitik. Forschungsaufenthalte in Mexiko und Brasilien. Schwerpunktredakteur des Journals für Entwicklungspolitik 2-2005: Alternative Entwicklungen in Lateinamerika. Frank Becker, Elektriker und Volkswirt, ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (kubus) der Zentraleinrichtung Kooperation (ZEK) der TU Berlin tätig und leitet gemeinsam mit Verena Lorenz-Meyer das Projekt "ReUse-Computer – Wieder- und Weiterwendung gebrauchter Computer" (BMB+F). Arbeitsschwerpunkte sind nachhaltige Entwicklung im Kontext regionaler Ökonomie, Wieder- und Weiterverwendungsstrategien sowie soziale Kooperationsnetzwerke. Karl Birkhölzer, Dr., Leiter der Interdisziplinären Forschungsgruppe (IFG) Lokale Ökonomie an der Technischen Universität Berlin, Vorsitzender des Technologie-Netzwerks Berlin e.V. und des Europäischen Netzwerks für Ökonomische Selbsthilfe und Lokale Entwicklung, Forschungsschwerpunkte Lokale und Soziale Ökonomie, Gemeinwesenarbeit, Zukunft der Arbeit. Miriam Boyer promoviert seit 2005 an der Columbia University in New York im Bereich politische Soziologie. Zuvor studierte und arbeitete sie vier Jahre in Berlin zu sozialen Bewegungen in Lateinamerika, insbesondere Mexiko. Andere Arbeitsschwerpunkte sind Marxismus und politische Theorie. Sie ist korrespondierende Mitarbeiterin im Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus und von Argument. Burkhard Flieger ist seit 25 Jahren beratend, schreibend und forschend im Genossenschaftssektor engagiert. Als Vorstand und wissenschaftlicher Leiter der innova eG stehen aktuell Qualifizierungen und Betreuungen von Genossenschaftsgründungen aus der Arbeitslosigkeit und im sozialen Sektor im Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Gegenwärtig moderiert und begleitet er im Rahmen von ExWoSt fünf Forschungsprojekte zum Thema Dachgenossenschaften für Wohnprojekte. Margot Geiger arbeitet an einer Dissertation zum Verhältnis von Staat und sozialen Bewegungen in Argentinien, die von der Rosa Luxemburg Stiftung unterstützt wird. Gabriele Herbert, geb. 1947, Studium der Soziologie in Frankfurt, Belgrad und Zagreb. U.a. von 1979 bis 1991 Course Director der Seminare über internationale Selbstverwaltung im Inter-University-Centre Dubrovnik, Jugoslawien. Mitbegründerin und Initiatorin des ISO Frankfurt (Institut für Selbstorganisation und betriebliche Selbstverwaltung) und des IIS (International Institute for Selfmanagement); Mitorganisation der fast jährlich in einem Mitgliedsland stattfindenden Konferenzen des IIS. Uwe Hoering, Dr. rer. pol., ist freiberuflicher Publizist und lebt in Bonn. Bernhard Leubolt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in KATARSIS, einem von der Europäischen Kommission geförderten Projekt über "Growing Inequality and Social Innovation: Alternative Knowledge and Practice in Overcoming Social Exclusion in Europe" und Redaktionsmitglied des Journals für Entwicklungspolitik. Letzte Buchveröffentlichung: Staat als Gemeinwesen. Das Partizipative Budget in Rio Grande do Sul und Porto Alegre. Wien/Münster 2006. Simone Mayer studierte Diplom-Politikwissenschaften mit den Schwerpunkten "Internationale Beziehungen" und "Publizistik- und Kommunikationswissenschaften" an der Freien Universität in Berlin und an der Universidad Complutense in Madrid. Zurzeit nimmt sie am Postgraduiertenkolleg für Nachwuchsführungskräfte des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik teil. Clarita Müller-Plantenberg, Professorin für Soziologie an der Universität Kassel. Sie forscht über staatliche Politik in Chile, Kolumbien und Brasilien sowie über soziale Bewegungen auf dem Land und in der Stadt, analysiert die Auswirkungen von Großprojekten im Bergbau- und Energiesektor auf indigene Territorien und nachhaltige Alternativen in Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen, lateinamerikanischen Universitäten und anderen Institutionen. Eine internationale, interdisziplinäre Arbeitsgruppe Solidarische Ökonomie hat sich an der Universität Kassel gebildet. Wolfgang Neef, 1943 in Tübingen geboren. Studium Flugzeugbau in Aachen und Berlin. 1969/1970 Berufstätigkeit als Ingenieur bei MBB Hamburg (Airbus). Seit Ende 1970 an der TU Berlin. 1978 Promotion (Soziologie) zum Thema "Ingenieure – Entwicklung und Funktion einer Berufsgruppe", 1989 bis 1993 Vizepräsident der TU Berlin. Seit 1993 Leiter der "Zentraleinrichtung Kooperation" (ZEK) an der TU Berlin. Wolfgang Nitsch ist emeritierter Professor an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (für Hochschul- und Wissenschaftsforschung), Mitglied des Vorstands des Bundes demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi) und arbeitet in der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung und der Loccumer Initiative kritischer WissenschaftlerInnen mit. Benjamin Nölting ist Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin. Martina Schäfer ist Juniorprofessorin für sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung am Institut für Soziologie der Technischen Universität Berlin. Irmtraud Schlosser, geb. 1945, Dr. Phil., Soziologin MA, Dozentin am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin; Arbeitsgebiete: Arbeitsbeziehungen, Gewerkschaftskooperation, Geschlechterbeziehungen. Nicola Sekler, MA in Global Political Economy, Universität Kassel, koordiniert den wissenschaftlichen Beirat von Attac und arbeitet an einer Dissertation zu den Strategien progressiver Kräfte und der Rolle von Intellektuellen in Lateinamerika. Viviana Uriona, Dipl.-Pol., hat ihr Studium an der freien Universität Berlin absolviert und ist seit Juni 2006 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre, Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock. Raul Zelik ist Autor, promoviert zum Thema "Neue Kriege, neue Formen des Herrschens" und arbeitet als Kontaktperson der Anti-Coca-Cola-Kampagne. Bodo Zeuner, geb. 1942, Dr. phil., Dipl.-Pol., Prof. für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin; Arbeitsgebiete: Arbeitsbeziehungen, Parteien, politische Bildung.

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