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Marcel van der Linden / Christoph Lieber (Hrsg.)

Kontroversen über den Zustand der Welt

Weltmarkt – Arbeitsformen – Hegemoniezyklen

256 Seiten | 2007 | EUR 17.80 | sFr 31.70
ISBN 978-3-89965-244-4

 
Inhalt & Leseprobe:

VSA_Linden_Lieber_Kontroversen.pdf101 K

 

Bei den Analysen des globalen Kapitalismus und seiner sozialen Kämpfe durch die Linke existieren unterschiedliche Befunde und Zeitdiagnosen, die selten aufeinander bezogen sind. Mit seinem Essay Der Zustand der Welt. Gegen-Perspektiven hat Karl Heinz Roth den Versuch unternommen, die Komplexität der globalisierten Welt unter Einbeziehung internationaler Diskussionen synthetisch zu fassen und mit Umrissen einer sozialistischen Transformations­perspektive zu konfrontieren.

Roths Essay hat viele Reaktionen und Diskussionen hervorgerufen, die mit diesem Buch weitergeführt werden. Wichtige Aspekte der Rothschen Analyse werden kritisch überprüft und seine Problemstellungen erweitert:

Weltmarkt

Neue Protektorate

Postfordistische Arbeitsformen

Globale Arbeitsmigration

Marx testen

Politische Zyklen

 

Die AutorInnen werfen einen differenzierenden Blick auf die Transformations­prozesse des gegenwärtigen Kapitalismus und ziehen neue Lehren aus zeit­diag­nostischen Fehlern und politisch-theoretischen Selbstblockaden der Linken im 20. Jahrhundert. Auch Karl Heinz Roth hat seine politischen Interventionen seit Ende der 1960er Jahre immer wieder in den historischen Kontext – des Kapitalismus, des Entwicklungsstandes sozialer Protestbewegungen und der eigenen linken Geschichte vor Ort – eingeordnet.

Mit dem Diskussionsband soll anlässlich seines 65. Geburtstages der Historiker, engagierte Intellektuelle und politische Freund Karl Heinz Roth geehrt werden.

Mit Beiträgen von Joachim Bischoff, Sergio Bologna, Claudia von Braunmühl, Angelika Ebbinghaus, Georg Fülberth, Heide Gerstenberger, Christoph Jünke, Reinhart Kößler, Michael R. Krätke, Thomas Kuczynski, Christoph Lieber, Marcel van der Linden und Winfried Wolf.

 

Rezensionen

Globalisierung und Privatisierung
Sammelband für Karl Heinz Roth vereint gesellschaftspolitische Analysen
Von Bernd Hüttner (Neues Deutschland 20.07.2007 Karl Heinz Roth, anlässlich dessen 65. Geburtstag Ende Mai der hier anzuzeigende Band erschien, war nie an einer Universität angestellt. Er wirkte als niedergelassener Arzt in Hamburg und als Historiker im Rahmen der von ihm Mitte der 1980er Jahre mitgegründeten und bis heute geprägten Stiftung für Sozialgeschichte. Die 1998 nach Bremen umgezogene Stiftung gibt seit 1986 die Zeitschrift sozial.geschichte (früher: 1999) heraus. Thema des Bandes sind aber nicht die vielen Publikationen von Roth zur Arbeiter- oder zur Wissenschaftsgeschichte oder seine umfangreichen Forschungen zum Nationalsozialismus und zur Nachkriegszeit. In ihm stehen die politischen Interventionen und gesellschaftlichen Analysen im Mittelpunkt. Roth hatte 2004 mit dem Text "Der Zustand der Welt", der dann 2005 in Buchform erschien, versucht, eine weltumspannende Analyse vorzulegen, die die globalen Umbrüche mit der Neuzusammensetzung der lebendigen Arbeit im globalen Norden zusammendenkt. Schon 1993/94 hatte er mit dem Text "Die Wiederkehr der Proletarität" eine klassensolidarische Positionierung und Perspektive eingefordert und eine erstaunliche Prognosefähigkeit bewiesen – vor allem bezüglich der Prozesse, die heute als Abbau sozialer Rechte und Prekarisierung beschrieben werden. Seine Texte waren auch immer von einer kritischen Perspektive auf vergangene und aktuelle sozialistische Transformationsansätze gekennzeichnet. Die AutorInnen kommen alle fast aus der Generation von Roth, nur einer ist mit 43 unter 50 Jahre alt. Georg Fülberth wendet sich gegen die beliebte These vom Zerfall der europäischen Sozialdemokratien, während Winfried Wolf Globalisierung, Privatisierung und das immense Wachstum der Transportleistungen untersucht. Hervorzuheben sind drei Beiträge: Angelika Ebbinghaus fragt nach, was aus dem Operaismus, der Tradition, von der Roth vor allem geprägt wurde, noch bleibt und gibt damit einen Überblick darüber, was sie selbst heute an dieser in Italien entstandenen Theorie interessant findet – und das ist einiges. Sergio Bologna, der italienische Soziologe und langjährige politische Weggefährte Roths, schreibt zur Lage der Mittelschichten in Westeuropa und wendet damit das analytische Instrument der Untersuchung der Klassenzusammensetzung an. Bologna weist auch immer wieder darauf hin, dass sich im Postfordismus die arbeitsrechtlichen Bedingungen ändern. Hier wird zusehends davon ausgegangen, dass sich, erst recht bei den neuen Selbstständigen, auf dem Arbeitsmarkt zwei Rechtssubjekte begegnen, die beide als "Unternehmer" fungieren, und nicht mehr ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer. In Italien gibt es zwei Millionen "Ein-Personen-Unternehmen" und 800 000 Kleinstunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten, in denen weitere fünf Millionen arbeiten. Diese Mikro-Unternehmen sind der einzige Sektor, in dem noch neue Arbeitsplätze entstehen. Bologna fragt sich, was das für die CGIL als größte italienische Gewerkschaft bedeutet, wenn heute gleichzeitig RentnerInnen die Mehrheit der CIGL-Mitglieder stellen. Der Beitrag von Christoph Jünke ist einer der wenigen, der sich ausdrücklich mit den Aussagen von Roth befasst. Er diskutiert diese vor dem Hintergrund der ja 2005 zeitgleich sich herausbildenden WASG. Jünke spart, wie Roth, nicht mit Kritik am damaligen Verhalten der Linkspartei.PDS, kritisiert an Roth aber gut begründet dessen Unterschätzung des Stellenwertes der Nationalstaaten für linke Politik, seine vorrangige Orientierung auf die Marginalisierten und seine Ablehnung von Organisationsbildung. Marcel van der Linden/Christoph Lieber (Hrsg.): Kontroversen über den Zustand der Welt; 17,80 EUR, VSA-Verlag, Hamburg 2007.

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