Keynes heute
Festschrift für Harald Mattfeldt
188 Seiten | 2003 | EUR 14.80
ISBN 3-89965-019-0 1
Titel nicht lieferbar!
Die Theorie des Keynesianismus liegt ausgearbeitet vor. Es kommt nun darauf an, sie für die Fragen der Gegenwart auszuformen, die positiven Wirkungen der keynesianischen Politik in der Vergangenheit ins Bewusstsein zu rufen und all dies – nicht zuletzt in der akademischen Lehre – öffentlich zu machen.
Als Strategie zur Besserung der Wirtschaftslage verfolgt die Wirtschaftspolitik nicht ohne Erfolg das Ziel der Kostensenkung. Der Reallohn steigt langsamer als die Arbeitsproduktivität, der Flächentarifvertrag wird von einer Reihe von Ausnahmeregelungen unterlaufen. Die Besteuerung der Unternehmen sinkt ab. Die unzureichenden Einnahmen des Staates ziehen Ausgabenkürzungen nach sich. Der Maastrichter Stabilitätspakt, obwohl nach allgemeiner Übereinstimmung fällig für eine Revision, ist unverändert die Leitlinie der Fiskalpolitik. Die Senkung der Lohn- und Lohnnebenkosten und der Gewinnsteuern soll die Unternehmen zu mehr Nachfrage nach Arbeit veranlassen.
Die Erfahrung allerdings zeigt, dass dieser neoklassische Ansatz falsch ist. Die Unternehmen stellen nicht mehr Leute ein, wenn die Arbeit billiger wird. Sie produzieren nur dann mehr und dehnen die Beschäftigung aus, wenn der Absatz für ihre Produkte gesichert ist. Die Kostensenkung, auch wenn sie die Lage einzelner Unternehmen kurzzeitig bessern sollte, beseitigt gesamtwirtschaftlich Nachfrage und ist damit Anlass, die Beschäftigung weiter zu senken.
Es zeichnet sich eine Entwicklung ab, in der die Wachstumsraten in matten Konjunkturaufschwüngen die Marke von zwei Prozent nicht mehr überschreiten, um dann von langen Perioden eines Rückganges des Volkseinkommens abgelöst zu werden. Eine Spirale der Deflation ähnlich wie in den 1930er Jahren kann nicht mehr ausgeschlossen werden. Umdenken ist daher nötig. Hierbei muss die Wirtschaftswissenschaft nicht wie in den 1930er Jahren erst mühsam eine neue Theorie entwickeln, nachdem die Krise nie da gewesenes Massenelend verursacht hat: Sie kann jetzt vorausschauend ihren Beitrag dazu leisten, das Elend abzuwehren.