Einem Traum verpflichtet
Hans Mahle – eine Biographie
472 Seiten | Das Buch ist vergriffen
Unter Inhalt & Leseprobe gibt es den kompletten Inhalt als pdf-Datei | 2003 | EUR 25.00
ISBN 3-89965-038-7 1
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Kurztext: Katharina Riege erzählt die Geschichte eines kommunistischen Funktionärs. Seine Stationen hießen Hamburg, Moskau und Berlin: Bruchstellen des 20. Jahrhunderts. Allen Widrigkeiten zum Trotz glaubte er an eine "Sache", schreibt die Autorin, die immer weniger die seine war.
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Wolfgang Leonhard erinnert sich: "Mahle gefiel mir vom ersten Augenblick an. Im Unterschied zu anderen Funktionären konnte er noch lachen, fröhlich sein. Neben dem Parteijargon fand er Worte, die von eigenem Denken und Fühlen zeugten. Durch seine Arbeit nicht erstarrt, menschlich nicht verkrampft, reagierte er stets spontan und blieb – wenn auch im vorgegebenen Rahmen der Parteilinie – eigener Initiative und Gedanken fähig."
Ein Mann, abenteuerlustig, individuell und den Menschen zugewandt, versucht im 20. Jahrhundert seine humanistische Überzeugung zu leben: als Kommunist – und bindet sich dabei an eine Partei. Ob im Hamburger Jugendverband oder im antifaschistischen Widerstand, ob als Agitator in den Kriegsgefangenenlagern des Ostens oder im Nationalkomitee Freies Deutschland, ob als ostdeutscher Rundfunkchef, in der Verbannung im Mecklenburgischen oder schließlich als Exponent seiner Partei im Westen der Frontstadt Berlin – die Konflikte im Leben Hans Mahles sind programmiert.
Rezensionen
Menschlich
Die Lebensgeschichte eines Kommunisten
Andreas Herbst (Neues Deutschland 22. /23.11.2003)
Heute stehe ich da, wo ich 1921 angefangen habe", sagte Hans Mahle zu Katharina Riege. Er berichtete der Berliner Historikerin über sein bewegtes Leben. Die Autorin begab sich auch in die Archive in Berlin und Moskau und sprach mit Zeitgenossen. Aus dem reichhaltigen Stoff wob sie eine spannungsgeladene und aufwühlende Geschichte.
Diese handelt von einem Kommunisten, der die Stürme des 20. Jahrhunderts durchlebte. 1911 als Heinrich Mahlmann geboren, war er 1945 mit der "Gruppe Ulbricht" nach Berlin zurückgekehrt, wurde erster Intendant des neuen Berliner Rundfunks. Wolfgang Leonhard erzählt: "Mahle gefiel mir vom ersten Augenblick an. Im Unterschied zu anderen Funktionären konnte er noch lachen, fröhlich sein. Neben dem Parteijargon fand er Worte, die von eigenem Denken und Fühlen zeugten. Durch seine Arbeit nicht erstarrt, menschlich nicht verkrampft, reagierte er stets spontan und blieb – wenn auch im vorgegebenen Rahmen der Parteilinie – eigener Initiative und Gedanken fähig."
Mahle versuchte, jeder ihm anvertrauten Aufgabe gerecht zu werden. 1932 von Hamburg nach Berlin gerufen, um die kommunistische Pionierorganisation zu reorganisieren, schickte man ihn im Oktober 1932 in das "Internationale Kinderbüro" in Moskau. Ein halbes Jahr später kehrte er zu illegaler Arbeit nach Deutschland zurück. 1935 floh er über Paris nach Prag, ein Jahr später in die Sowjetunion, arbeitete bei der Kommunistischen Jugendinternationale und erlebte die "Säuberungen". Er hörte den Widerhall der schweren Stiefel der NKWD-Leute über nächtliche Korridore. Und bangte: Vor welcher Tür werden sie Halt machen? Einer seiner engsten Weggefährten, Gabo Lewin, wurde verhaftet. Er versuchte dessen Frau zu trösten: "Es muss sich ja herausstellen, dass es sich hier um einen Irrtum handelt!" Mahle hatte Glück, "verschwand" nicht in einem Keller des NKWD.
Im Juli 1943 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Nationalkomitees "Freies Deutschland" und wurde vom deutschen Reichskriegsgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Der "Moskau-Kader", wie es einst hieß, gehörte bis September 1947 dem ZK der KPD bzw. dem SED-Parteivorstand an. Im Juli 1951 wird er aber wegen angeblicher "Verletzung der revolutionären Wachsamkeit" und "Kooperation mit dem Klassenfeind" abgeschoben – ins Fernseh-Zentrallaboratorium in Berlin-Adlershof. Als dort am 17. Mai 1952 ein Brand ausbricht, wird Mahle willkürlich die Schuld zugeschoben und man schickt ihn endgültig in die Verbannung: als Verkäufer in einen Landkonsum in Mecklenburg; später wird er Werbeleiter der Konsumgenossenschaft im Kreis Schwerin.
1956 entsinnt man sich seiner wieder, er wird Chefredakteur der "Schweriner Volkszeitung". Schließlich ist es Walter Ulbricht, der ihn von dort zurückbeordert und erklärt: "Deine Aufgabe in der DDR ist beendet." Sprach’s und schickte Mahle nach West-Berlin, um in der "Frontstadt" für die SED zu werben – als Chefredakteur der "Wahrheit". Nach dem Untergang der DDR hat Mahle seine Ideale nicht preisgegeben. 1995, vier Jahre vor seinem Tod, kandidierte er für die PDS in Berlin-Steglitz.
Katharina Riege ist für diese einfühlsame Biografie zu danken.