Das Pharmakartell
Im Bermudadreieck der Arzneimittelsicherheit:
Ärzte – Behörden – Pillenindustrie
Mit einem Vorwort von Ellis Huber
280 Seiten | 1998 | EUR 17.80 | sFr 31.70
ISBN 3-87975-721-6 1
Titel nicht lieferbar!
Text ist nicht mehr lieferbar
Das Pharmakartell stößt sich an den Kranken gesund. Die Dividende der Aktionäre ist den Pharma-Managern wichtiger als die Sicherheit ihrer Produkte und damit die Gesundheit ihrer Kunden.
Dr. Peter Eckert – lange Jahre in einem Pharmakonzern für die Arzneimittelsicherheit verantwortlich – deckt das gefährliche Geschäft im Bermudadreieck von Ärzten, Behörden und Pillenindustrie auf: Contergan und AIDS-verseuchte Blutprodukte sind nur die Spitze des Eisbergs.
Darunter verbirgt sich ein Umgang mit der Arzneimittelsicherheit, der zum Himmel stinkt: Konzerne, Ärzte, Behörden und Politiker arbeiten Hand in Hand, wenn es um die schnelle, im Zweifel auch mit Risiken behaftete Einführung neuer Medikamente geht. Solange das Profitdenken alleinige Richtschnur bleibt, wird sich an den Arzneimittelskandalen nichts ändern – zu Lasten der Gesundheit aller.
Leseprobe 1
Vorwort
Peter Eckert beschäftigt sich in dem vorliegenden Buch mit den politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen des Arzneimittelmarktes. Der Autor sammelte in 23 Jahren als praktischer Chirurg Erfahrungen im Umgang mit Arzneimittelrisiken und deren Nebenwirkungen. Darüber hinaus konnte er als Verantwortlicher für Arzneimittelsicherheit in einem Weltkonzern auch die andere Seite kennenlernen und hinter die Kulissen der Pharmaproduzenten schauen. Vor dem Hintergrund dieser ausgewiesenen fachlichen Qualifikation stellt er die Probleme auf dem Pharmasektor offen, mitunter auch schonungslos dar: Beim Arzneimittelmarkt geht es weniger um die Gesundheit der Menschen, als vielmehr darum, wie und wo das schnelle oder große Geld zu machen ist. Nicht zufällig war Deutschland die Geburtsstätte für den Contergan-Skandal. Ebenso typisch für das in der Bundesrepublik vorherrschende Abkassiermodell war die finanzielle Entschädigung für die AIDS-Opfer durch HIV-verseuchte Blutkonserven. Nun droht der »Solidargemeinschaft«, also letztendlich den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherungen, ein neuer wirtschaftlicher Aderlaß durch gentechnologisch hergestellte Medikamente und Gentherapien. Schon jetzt sprengen diese – obwohl noch in den Kinderschuhen steckend – den Finanzrahmen der sozialen Versicherungssysteme fast aller »Nichtentwicklungsländer«. Daß allenfalls diese und nicht die Menschen in den Ländern der »Dritten« Welt von dieser Entwicklung profitieren werden, zeigt Peter Eckert in seinem Buch eindringlich. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, daß dem therapeutischen Unsinn und dem ökonomischen Desaster der Arzneimitteltherapie in Deutschland dringend Einhalt geboten werden muß. Inkompetenz der Behörden, nachlässige Politiker und skrupellose Manager der Pharmaindustrie sind die Protagonisten einer äußerst zweifelhaften Massenversorgung mit Medikamenten und Mitteln, die den umstrittenen Anspruch erheben, alle »wirksam und nützlich« zu sein. Es gibt bei diesem Heilmittel-Chaos kaum einen Platz für Vorsorge-Medizin, alternative Therapien und andere, preiswertere Heilmethoden. Der Staat hat sich als regulierendes Element längst verabschiedet. Und wenn er denn regulierend eingreift, geschieht dies nicht zuletzt im Interesse des Pharmakartells. Bestes Beispiel: die Gesundheits»reform« des Ministers Horst Seehofer. Die Versicherten werden abkassiert durch ein Zuzahlungssystem, das den gesetzlichen Krankenversicherungen Milliardenüberschüsse beschert. Die Versicherten bezahlen unter der Parole der »Eigenverantwortlichkeit« die Zeche für die Unfähigkeit der Politik, eine gerechte Umverteilung sozialer Lasten herbeizuführen. Was können Ärzte angesichts eines unüberschaubaren Angebotes von Mitteln und Medikamenten, Leistungen und Therapien ändern? Viel, denn sie sind der primäre Anwender von Medikamenten und halten insofern einen Schlüssel für den Einstieg in eine sozial vernünftige und auch wirtschaftlich verantwortliche Arzneimitteltherapie in der Hand. Dazu müssen sie zu gemeinsamem Handeln finden und sich vor allem ihrer sozialen Verantwortung stellen. Zur Versorgung von Kranken, zur Linderung von gesundheitlichen Schäden gehört die Prävention. Und wer konsequent Vorsorge betreiben will, muß sich auch um die sozialen Ursachen bzw. Begleiterscheinungen wie Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und zunehmende Armut kümmern. Wir stehen an einem Wendepunkt der Gesundheitssysteme unserer Informationsgesellschaften. Wollen wir ein soziales Immunsystem zur Abwehr von Krankheitsgefahren gestalten, das möglichst viel sozialen Nutzen stiftet, also Gesundheit für alle erschwinglich macht, oder wollen wir ein unsoziales Schmarotzergeflecht fördern, das die optimierte Gewinnabschöpfung bei den Kranken durch private Begehrlichkeiten oder eine »Shareholder Value«-Medizin sichert? Moral oder Profit heißt also der epochale Gegensatz in den Gesundheitssystemen moderner Gesellschaften. Peter Eckert begründet mit seinem Buch eine Orientierung für mehr ärztliches Gewissen und weniger monetäre Anspruchshaltung. Vielleicht kann sein Buch in diesem Sinne dazu beitragen, daß endlich gehandelt wird. Ich jedenfalls bin Peter Eckert dankbar, daß er den Mut hat, öffentlich zu schreiben, was gesagt werden muß. Er hilft uns allen damit, ein heute krankes Gesundheitswesen für die Zukunft heilen zu helfen. Dr. Ellis Huber, Präsident der Ärztekammer BerlinInhalt:
Vorwort
von Dr. Ellis Huber, Präsident der Ärztekammer Berlin
Kapitel 1
Verlogene Welt - Das Palaver von Ethik und Sicherheit
Eine Branche im Wachstumsfieber
Skandale und Katastrophen
Kapitel 2
Contergan: das unsterbliche Wundermittel
Die unglaubliche Story
Hintergründe der Katastrophe
Die ersten Schadensmeldungen wurden ignoriert
Vom Bestseller zum Schadstoff
Ursachen und Folgen des Debakels
Gesetze, Pharnalobby und Politiker / Die Ärzteschaft / Das Beispiel USA / Folgen für die Pharmabranche?
Wiederholung ausgeschlossen?
Die Renaissance des Wirkstoffs Thalidomid
Kapitel 3
Der AIDS-Skandal
Der Bundestag zieht Bilanz
Rückblick
Sicherheitsrisiko: Ärzteschaft
Sicherheitsrisiko: Pharmaindustrie
Wer den Schaden hat, soll das erst einmal beweisen / Der CNN-Report / Der Japan-Report
Der USA-Konsens
Behörden
Bilanz einer vermeidbaren Affaire
Peanuts für die Opfer
Erst AIDS, dann Rinderwahnsinn?
Kapitel 4
Das verhängnisvolle Bermudadreieck: Ärzte – Behörden – Pharmaindustrie
Affäre Nr. 1: Der Sandoz-Skandal
Contergan stand Pate / Ein beispielloser Akt der Unverfrorenheit / Die Gutachten / Das Medikament / Das gerichtliche Verfahnen / Vorwürfe an Sandoz
Affäre Nr. 2: Eine Ärztekammer als Schutzbund für ärztliche Straftaten
Eine alltägliche Geschichte / Das Medikament und sein Hersteller: Das hätten die Frauenärzte und der Pathologe 1985 wissen müssen / Die Ärztekammer
Kapitel 5
Glaubwürdigkeitskrise der Pharmabranche
Selbstporträt
Die Gewinne steigen ...
... die Glaubwürdigkeit sinkt
Realitätsverlust durch visionäre Geschäftspolitik
Das Märchen von Forschung und Entwicklung
Forschungs- und Entwicklungskosten: Die Realitäten
Inkompetenz: Das Management
Pharmatourismus
Produktsicherheit als Indikator für die Qualität des Managements
Wohin führen die Wege der Pharmabranche?
Kapitel 6
Kontrolle wäre besser
Politiker und Gesundheitsbehörden
Bürokraten und Juristen
Fehler vom Amt
Was prüft eigentlich die Kontrollbehörde? / Die Schwachpunkte der deutschen Zulassungspraxis / Die Praxis in den USA /Schadensersatzpraxis / Die »harmlosen« Produkte
Arzneimittelsicherheit für den Verbraucher
Horrorszenario: Was Ärzte über Medikamente wissen
Amerikanisches Vorbild. Wettbewerb oder der unsichtbare Krieg
Verschreibungswut oder Dummheit?
Therapieschäden durch Medikamente – die neue Volkskrankheit
Das schizophrene Verhältnis von Arzt und Pharmaindustrie
Forschungsbetrug / Ethikkommissionen
Kapitel 7
Isoliert und ignoriert: Der Stufenplanbeauftragte
Gesetzliche Qualifikation – eine Farce
Zu viele Apotheker und Veterinärmediziner
Es fehlen Pharmakologen
Isolierte Stellung im Betrieb
Leben mit der Gefahr
Profit vor Sicherheit
Kapitel 8
BSE – Risiko in ungezählten Pharma-Produkten?
Zur Geschichte von BSE
Was weiß man von den Ursachen?
Was geschieht derzeit zur Verbesserung der Sicherheit?
Das politische Problem
Vorsorge in Europa?
Kapitel 9
Gentechnologie: Ethischer Auftrag wider Kommerz
Vom Widerspruch der Gentechnologie
Genforschung und Gentechnologie
Was ist ein Gen?
Genomforschung / Gentherapie / Der Ärger ist vorprogrammiert
Warum sich die Industrie in der Gentechnologie engagiert
Mangelhafte Grundlagenforschung
Auf der Suche nach dem Wundermittel / Fehlerhafte Versuchsanlagen
Sicherheitsprobleme bei Blutermedikamenten
Nebenwirkungen gentechnologischer Produkte
Milch von glücklichen Kühen?
Die Gentechnologie ist unbezahlbar
Monopole und Kartelle / Zur Lage »verarmter« deutscher Konzerne
Zukunftsaussichten
Kapitel 10
Pessimistische Aussichten?
Anmerkungen