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Gerd Peter (Hrsg.)

Grenzkonflikte der Arbeit

Die Herausbildung einer neuen europäischen Arbeitspolitik

372 Seiten | 2007 | EUR 24.80 | sFr 43.30
ISBN 978-3-89965-234-5

 

Kurztext: Die Erwerbsarbeit befindet sich mitten im Epochenbruch – dieser Herausforderung müssen sich auch die Akteure und Konzepte der Arbeitspolitik stellen.

Inhalt & Leseprobe:

VSA_Peter_Grenzkonflikte_der_Arbeit.pdf84 K

 

In den entwickelten Gesellschaften vollziehen sich seit Jahren Veränderungen, die weitreichende Konsequenzen für die Arbeitswissenschaft und die betrieblichen und gewerkschaftlichen Akteure haben. Das Verhältnis von Strategien auf der Unternehmens- und der betrieblichen Ebene wird spannungsreicher. Die Reorganisationsstrategien erfolgen selten "aus einem Guss", sind widersprüchlich und umkämpft. Die Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation zeitigen ein Nebeneinander von Prekarisierungs-, (Re-) Taylorisierungs-, Subjektivierungs- und Aufwertungstendenzen. Diese Veränderungen in der Arbeitswelt sind von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Flexibilisierung, Entgrenzung der Arbeitszeit) und der Durchsetzungsfähigkeit gewerkschaftlicher Arbeitspolitik abhängig, und damit in Europa auch länderspezifisch voneinander zu unterscheiden.

Der vorliegende Band bilanziert diese Dimensionen europäischer Arbeitskultur, führt verschiedene wissenschaftliche Ansätze zusammen und diskutiert die Frage nach der Arbeitspolitik neuen Typs in den Themenfeldern:
– Arbeitszeitpolitik und Arbeitsgestaltung
– Institutionen und Akteure
– Prekarisierung und europäische Kultur der Arbeit

– Neue betriebliche Steuerungskonzepte
– Arbeits- und Gesundheitsforschung
– Eingreifendes Denken und "Gute Arbeit" als politischer Auftrag

Der Herausgeber:
Dr. Gerd Peter
war von 1988 bis 2002 Geschäftsführender Direktor des Landesinstituts Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs). Arbeitsschwerpunkte: Theorie und Methoden der Arbeitsforschung, Technologiepolitik, Humanisierung der Arbeit, Organisationstheorie und Wissenschaftsmanagement. Zahlreiche Veröffentlichungen.

Inhaltsübersicht (detailliertes Inhaltsverzeichnis und Leseproben in der pdf-Datei)

Gerd Peter
"Grenzkonflikte der Arbeit" – Einführung (Leseprobe)

Eberhard Ulich
Arbeitsgestaltung als politisches Projekt

Karl Georg Zinn
Politische Kultur und beschäftigungspolitische Alternativen

Steffen Lehndorff
Stammland, Neuland, Niemandsland: Der gegenwärtige Umbruch in der Arbeitszeitpolitik

Andrea Fergen
Schlechte Zeiten – Gute Zeiten

Wolfgang Kötter
Gute Beispiele, wenige Nachahmer

Martin Kuhlmann
Jenseits von Gruppenarbeit

Erich Latniak
Organisationswandel und Gruppenarbeit

Hilde Wagner
"Gute Arbeit" im Spannungsfeld von Betriebs- und Tarifpolitik

Helmut Martens
Primäre und institutionalisierte Arbeitspolitik

Dieter Sauer
Vermarktlichung und Politik

Wilfried Kruse
Eine europäische Kultur abhängigen Arbeitens?

Frieder Otto Wolf
Beginn eines erfolgreichen politischen Gegen-Handelns

Klaus Peters
Die Ohnmacht der Mächtigen

Ines Langemeyer
Eingreifendes Denken für neue Arbeitsverhältnisse?

Nadine Müller
Herrschaftsverhältnisse nach der Computerisierung

Wie setzen sich Kooperationsanforderungen und Unternehmensführung widersprüchlich ins Verhältnis?

Sebastian Reinfeldt
Herrschen durch Subjektivieren?

Wolfgang Hien
"Neue Autonomie" und Freiheit – kritische Anmerkungen aus phänomenologischer Sicht

Arno Georg / Gerd Peter
Grenzkonflikte in Arbeitssituationen

Klaus Pickshaus
Gute Arbeit – Vom Projekt zum gewerkschaftlichen Arbeitsfeld?

Pia Paust-Lassen
Fünf Jahre Diskursprojekt "Forum Neue Politik der Arbeit"

Autorinnen und Autoren (Leseprobe)

 

Rezensionen

Grenzkonflikte der Arbeit Dieser Sammelband, der aus einer gemeinsamen Tagung des Projekts "Gute Arbeit" der IG Metall, dem Forum Neue Politik der Arbeit und der Sozialforschungsstelle Dortmund vom Oktober 2006 hervorgegangen ist, bilanziert die Dimensionen einer europäischen Arbeitskultur und diskutiert die Frage nach einer Arbeitspolitik neuen Typs. Als Grundlage für die Herausbildung solch eines neuen Typs und gleichsam als übergreifende Themenstellung werden "Grenzkonflikte der Arbeit" angesehen, die sich aus den widersprüchlichen und umkämpften Umbruchprozessen und ihren Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse ergeben. Allgemein wird unter Grenzkonflikten der Arbeit das Bewältigungshandeln der Arbeitenden aufgrund von Grenzdisparitäten in Arbeitssituation, Arbeitsprozess und Arbeitsverhältnis verstanden. Solche Konflikte kennzeichnen die gesellschaftliche Situation in Deutschland wieder stärker, jedoch ohne angemessene öffentliche Wahrnehmung. Es dominiert vielmehr immer noch voranging die Debatte über "Innovation" im Sinne von "weiter so" in eine zukunftsoffene, marktorientierte Moderne, die die alten Verhältnisse und einschränkenden Grenzen auslöschen und hinter sich lassen soll. Der vorliegende Sammelband versteht sich als Beitrag zu einer aufklärenden Debatte im Sinne eines eingreifenden Denkens, das gleichzeitig realistische Orientierungen liefern und neue, mögliche Wege aufzeigen soll. In dem einleitenden Kapitel wird der weite Bogen von der Bilanzierung zur möglichen Perspektive gespannt. Im Sinne von "Wo stehen wir heute", erläutert Eberhard Ulich die jahrzehntelange Kontinuität der internationalen Forschung zu Arbeit und Arbeitsgestaltung sowie ihre jeweilige Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung der Arbeitenden. "Wo könnten wir stehen", diskutiert Karl Georg Zinn vor dem Hintergrund der neoliberalen Regression staatlicher Politik und plädiert für einen qualitativen Keynesianismus, für den er ein erhebliches Rezeptionsdefizit bei Publikationen feststellt. Wie ist die Arbeitszeit hinsichtlich der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und des Erwerbsarbeits- und Lebenszusammenhangs (Lehndorff, Fergen) und wie ist die Arbeit hinsichtlich Teamarbeit und ihrer organisatorischen und Unternehmenseinbindung sozial gestaltet (Kötter, Kuhlmann, Latniak)? Dies sind zwei wichtige Fragestellungen für eine menschengerechten Gestaltung von Arbeit, die im Zentrum des Kapitels "Bilanzierung von Arbeitszeit und Arbeitsgestaltung in Deutschland" stehen. "Neue Ansätze für Arbeitspolitik in Deutschland und Europa" thematisiert die Widersprüche und Konflikte, die sich aus dem Spannungsfeld von Betriebs- und Tarifpolitik ergeben (Wagner). Die Rolle der Gewerkschaften in solchen Konfliktszenarien und möglichen Handlungsoptionen (Martens) wird bis auf die europäische Ebene mit der Frage nach einer möglichen "gemeinsamen europäischen Kultur abhängigen Arbeitens" (Kruse) breit diskutiert. Am Beispiel Frankreichs (Wolf) wird z. B. deutlich, dass erfolgreiches eigensinniges Gegen-Handeln auch unter den Bedingungen der indirekten Steuerung (Sauer) möglich ist und somit auch die Chancen für eine gestaltende Politik in Europa gegeben sind. Die Prozesse des "Epochenbruchs", die mit den Begrifflichkeiten Subjektivierung, Entgrenzung und Prekarisierung in der aktuellen Diskussion beschrieben werden, legen eine "Konzeptionelle Erneuerung von Arbeitsforschung" nahe. Ohne gleich einen Paradigmenwechsel zu postulieren (Langemeyer), wird an der Unterscheidung von Zwang und Notwendigkeit (Peters) und den (neuen) Kooperationsanforderungen nach der Computerisierung (Müller) der Veränderungsdruck deutlich. Welche Rolle Herrschaft (Reinfeld) und auf der anderen Seite Autonomie und Freiheit (Hien) in diesem Prozess spielen, bedarf einer Klärung, bevor der Herausgeber (mit Georg) einen daraus erwachsenden ersten empirisch-konzeptionellen Entwurf für eine Erweiterung der Arbeitsforschung skizziert. Den Abschluss bilden zwei Zwischenbilanzen unter dem Fokus "Gewerkschaftliche Aktivitäten mit Arbeitswissenschaft". Am Projekt "Gute Arbeit" der IG Metall wird deutlich, wie aus dem Impuls von 2002 eine handlungsmächtige Initiative geworden ist. Als zusätzlicher inhaltlicher Impulsgeber derartiger gewerkschaftlicher Initiativen betrachtet sich das "Forum Neue Politik der Arbeit", das als Gemeinschaftsinitiative der Sozialforschungsstelle Dortmund, des inEcom Instituts Berlin und des DGB Bezirks Berlin-Brandenburg ebenfalls 2002 entstanden ist. Die Beiträge dieses Bandes zeugen von der ambitionierten Aufgabe, die kapitalistische Arbeitsgesellschaft gegen den neoliberalen Mainstream zu erneuern. Sie zeugen auch von dem großen Fundus an Kenntnissen, Erfahrungen, Vorstellungen und Konzepten, die Hoffnung machen, den notwendigen Wechsel zu einer neuen Arbeitspolitik zu schaffen, auch wenn viele Fragen noch offen bleiben. Insgesamt stellt sich "Grenzkonflikte der Arbeit" daher als facettenreicher Sammelband dar, der die relevanten Dimensionen einer neuen europäischen Arbeitspolitik zusammen spinnt, ohne den Faden zu verlieren. Uwe Dechmann in: Gute Arbeit 7/8-2007

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